
Eine kleine Glosse zur Kolumne von Nikolaus Blome bei Spiegel online vom 13.10.2025
Nikolaus Blome, den ich als Produzent stets anregender Lektüre durchaus schätze, präsentiert uns die These, die Linke sei im permanenten Kulturkampfmodus – und das konservative Lager diskursiv frei, rein und unverdächtig. Als Beleg dient ihm ausgerechnet die EU-Debatte um die Umbenennung vegetarischer Fleisch- und Wurstprodukte. Oh sorry, die heißen ja nicht mehr so.
Man muss schon ordentlich Chuzpe haben, um aus einer konservativ motivierten Regulierung – die von Agrarlobby und Fleischwirtschaft angestoßen wurde – einen linken Kulturkampf zu basteln. Aber Blome gelingt das mit der ihm eigenen Mischung aus Ironie und Verdrehung. Die Kritik an der Umbenennung? Laut Blome ein linkes Reflexgewitter. Die Regulierung selbst? Offenbar ein Naturereignis, das keiner politischen Verortung bedarf.
Dabei ist die Realität klar: Die Initiative zur sprachlichen Säuberung von „Veggie-Wurst“ kam aus dem konservativen Lager. Die Argumentation: Verbraucher könnten verwirrt sein. Dass so gut wie jedermann seit Jahren weiß, dass „vegetarische Wurst“ keine Schweine enthält, scheint irrelevant. Hauptsache, die Begriffe bleiben rein. Und wenn die Linke das kritisiert, ist sie – zack! – im Kulturkampf.
Blomes rhetorischer Trick ist alt: Er erklärt die Reaktion zur Aktion, die Kritik zur Provokation und die Verteidigung zur Attacke. So wird aus einer Wurstdebatte ein Beleg für linke Übergriffigkeit – obwohl die eigentliche Übergriffigkeit darin besteht, dass man Menschen vorschreiben will, wie sie ihre pflanzlichen Produkte nennen dürfen.
Man könnte lachen, wenn es nicht so durchsichtig wäre. Aber vielleicht ist das ja der wahre Kulturkampf: Die Umdeutung des Offensichtlichen zur ideologischen Waffe. Und die Wurst? Die bleibt, was sie ist – ob mit Soja, Seitan oder Schwein. Nur der Diskurs wird immer pikanter.
 
			
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