Image by Margit Wallner from Pixabay (Symbolbild)

Es gibt Brücken, die verbinden. Und es gibt Brücken, die erzählen.
Die Rahmede-Talbrücke im schönen Sauerland erzählt eine Geschichte, die man eigentlich nicht schönreden kann – es sei denn, man versucht es trotzdem.

Die FAZ jedenfalls versucht es.
Sie preist die Wiedereröffnung der Brücke (nach vier Jahren Bauzeit) als Beleg dafür, dass die Bundesregierung (nicht ganz ein Jahr im Amt) nun endlich Tempo mache.
Dass dieses Tempo nur deshalb möglich und notwendig war, weil die alte Brücke so marode war, dass man sie sofort sperren musste – ein Detail.
Dass die A45 eine der wichtigsten Nord-Süd-Achsen des Landes ist und jeder Tag Sperrung Millionen kostete – nebensächlich.
Dass der Neubau nicht Ausdruck politischer Weitsicht, sondern eines infrastrukturellen Notstands war – offenbar verzichtbar.

Man könnte meinen, die Brücke sei aus purer Reformlust eingestürzt.

Dabei wäre der Stoff für eine ernsthafte Einordnung reichlich vorhanden gewesen:
Die Rahmede-Brücke ist ein Menetekel, für jahrzehntelange Vernachlässigung, für den Fetisch der schwarzen Null, für die Illusion, man könne Infrastruktur wie ein Sparbuch behandeln.
Sie ist ein Lehrstück darüber, was passiert, wenn man Instandhaltung als Kostenpunkt statt als Staatsaufgabe begreift.


Man hätte das schreiben können.
Man hätte die Regierung mahnen können, solche Fälle künftig zu verhindern.
Man hätte die Brücke als Warnung lesen können.


Stattdessen liest man sie als Erfolgsmeldung. Unzweifelhaft schon gleich der Titel im FAZ-Newletter:

„Marode Brücken – geht doch!“

So wird aus einem politisch provozierten Notfall ein Vorzeigeprojekt.
Aus einem strukturellen Versagen ein politischer Glücksfall.
Aus einer einsturzgefährdeten Brücke ein Symbol für Aufbruch.

Wenn das die neue Erzählung ist, dann fürchte ich, dass wir bald noch viele solcher Erfolgsgeschichten hören werden.