Warum die deutsche Autoindustrie Besseres verdient

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Es gibt Momente, in denen man sich fragt, ob Politik und Realität überhaupt noch miteinander kommunizieren. Der FAZ‑Meinungsnewsletter von heute (17.12.2025) zur Aufweichung des Verbrenner‑Aus ist so ein Moment. Dort wird beklagt, die EU sende „nur das Signal: weiter so wie bisher“ – und das sei zu wenig.

Man reibt sich die Augen.
Eine industriepolitisch fragwürdige, klimapolitisch schädliche und ökonomisch riskante Rolle rückwärts sei nicht rückwärts genug gewesen?

Wie blind und taub kann man eigentlich sein.

Denn die Realität ist klarer als jede Leitartikelrhetorik. Die Krise der deutschen Autoindustrie hat zwei Ursachen:

  1. Der systematische Vertrauensverlust durch den Dieselskandal.
  2. Der verschleppte Übergang zur Elektromobilität, insbesondere das Versäumnis, erschwingliche E‑Klein- und Mittelklassewagen zu entwickeln.

Mit Regulierung hat das wenig zu tun. Mit Rückständigkeit sehr viel.

Die Fachwelt ist sich einig – und sie widerspricht der politischen Erzählung

Während die Bundesregierung „Technologieoffenheit“ beschwört, sagen Ökonominnen und Ökonomen seit Monaten etwas anderes:

  • Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer warnt, dass die Aufweichung keines der strukturellen Probleme löst.
  • Thomas Puls vom IW nennt die Debatte eine Symboldebatte: E‑Autos seien für die meisten Anwendungen längst überlegen.
  • Anita Wölfl vom ifo‑Institut betont, dass die zweigleisige Strategie – Verbrenner und E‑Auto – „auf Dauer nicht lohnend“ ist.
  • Arbeitsmarktforscher weisen darauf hin, dass Unsicherheit über die Antriebsstrategie Investitionen hemmt und Arbeitsplätze gefährdet.

Kurz:
Die Aufweichung hilft niemandem – außer denen, die die letzten zehn Jahre verschlafen haben.

Die Erfindung des „hocheffizienten Verbrenners“

Und dann kam sie: die Pressekonferenz, in der plötzlich eine neue Wunderkategorie präsentiert wurde – der „hocheffiziente Verbrenner“. Ein Begriff, den bis dahin niemand kannte, der aber seither als Offenbarung gehandelt wird.

Man fragt sich unwillkürlich, ob die Bundesregierung eine neue Physik erfunden hat.
Denn Wärmekraftmaschinen haben – naturgesetzlich – Wirkungsgrade von maximal 35 bis 40 Prozent. Das ist nicht „hocheffizient“. Das ist Thermodynamik im ersten Semester.

Wenn das die neue Messlatte ist, sollten wir konsequent sein:

  • Küchenmaschinen künftig mit Benzin betreiben – technologieoffen
  • Staubsauger mit E‑Fuel – klimaneutral
  • Der Thermomix mit Range‑Extender – Zukunft made in Germany

Wenn Absurdität ein politisches Programm wäre, wir wären Weltmarktführer.

Die Mär von der „Wahlfreiheit“ – ein Argument so schief wie bei der Homöopathie

Besonders bizarr ist das Argument der „Wahlfreiheit“, das die FAZ wie ein Schutzschild vor sich herträgt. Die Kundschaft müsse frei entscheiden dürfen, welchen Antrieb sie wählt – als ginge es um Geschmacksrichtungen und nicht um Infrastruktur, Effizienz und volkswirtschaftliche Rationalität.

Dieses Argument ist so alt wie die Homöopathie: Auch dort wird Unsinn mit dem Hinweis gerechtfertigt, man müsse ihn „wählen dürfen“. Dass Wahlfreiheit aber nur dann sinnvoll ist, wenn die Optionen vernünftig, effizient und nicht schädlich sind, fällt dabei unter den Tisch.

Niemand fordert Wahlfreiheit für bleihaltiges Benzin, Glühbirnen mit 5‑Prozent‑Wirkungsgrad oder Asbestdämmung. Aber beim Verbrenner soll plötzlich gelten, was sonst nirgends gilt: dass eine technisch überholte, ineffiziente und langfristig teure Option künstlich am Leben gehalten wird, damit man sie „wählen“ kann.

Wahlfreiheit wird hier nicht als Ausdruck von Mündigkeit benutzt, sondern als rhetorische Ausrede, um den Status quo zu konservieren – und die Illusion zu nähren, man könne die Zukunft durch Nichtstun aufhalten.

Währenddessen entscheidet der Markt längst

Während Europa über synthetische Debatten diskutiert, passiert Folgendes:

  • China baut erschwingliche E‑Kleinwagen
  • Die USA investieren massiv in Batterietechnologie
  • Südkorea und Japan sichern sich Rohstoffe und Lieferketten
  • Und Europa?
    Europa diskutiert darüber, ob man den Verbrenner nicht doch noch ein bisschen länger künstlich beatmen sollte

Mein Sohn brachte es neulich auf den Punkt:
Das Ganze wirkt wie eine Beruhigungspille für Automanager, die zehn Jahre lang konsequent den falschen Kurs gefahren haben – und jetzt politisch davor geschützt werden sollen, die Konsequenzen zu tragen.

Die EU begeht eine regulative Maximaldummheit

Die Aufweichung des Verbrenner‑Aus zwingt die Industrie zu einer rückwärtsgewandten Diversifikation, die:

  • Ressourcen frisst
  • Planungssicherheit zerstört
  • Investitionen verzögert
  • und den technologischen Rückstand weiter vergrößert

Und die FAZ findet: „Nicht weit genug.“

Manchmal fehlen einem die Worte.

Ein konstruktiver Schluss: Was Automanager jetzt tun sollten

Wer heute in der deutschen Autoindustrie Verantwortung trägt und noch in der Gegenwart lebt, sollte eines tun:

Diesen Quatsch nicht mitmachen.

Sondern:

  • alles daran setzen, erschwingliche E‑Kleinwagen zu entwickeln
  • robuste Mittelklassemodelle zu bauen, die global konkurrenzfähig sind
  • Batterietechnologie ernsthaft voranzutreiben
  • und die Energie nicht in politische Nebelkerzen zu investieren, sondern in Produkte, die der Markt wirklich will

Denn eines ist sicher:
Der Markt wird entscheiden – und er entscheidet nicht zugunsten von Wärmekraftmaschinen, die man mit rhetorischen Kunstgriffen „hocheffizient“ nennt.

Die Zukunft fährt elektrisch. Je früher man das akzeptiert, desto größer die Chance, dass sie auch aus Deutschland kommt.