Im FAZ-Meinungsnewsletter (05.09.2025) raunt Außenpolitik-Redakteur Nikolas Busse, wir erlebten eine „Revolution“: Der Rechtspopulismus sei keine bloße Protesthaltung mehr, sondern eine global anschlussfähige „Weltanschauung“. Man reibt sich die Augen. Denn ausgerechnet jenes Blatt, das in den vergangenen Jahren mit der immer gleichen Schlagzeilenmechanik Ressentiments bedient und die Rhetorik rechter Kulturkämpfer in den Leitartikeln durchdekliniert hat, will nun besorgter Zeuge einer gefährlichen Zeitenwende sein.

Erschüttert ist man weniger über den Befund – dass rechtspopulistische Parteien und Bewegungen weltweit Konjunktur haben, ist keine neue Nachricht –, sondern über die Schludrigkeit, mit der hier Begriffe verwendet werden. „Revolution“? „Weltanschauung“? Das klingt nach einer großen, kohärenten Idee, die sich unaufhaltsam und – definitionsgemäß – schnell Bahn bricht. In Wirklichkeit handelt es sich beim Rechtspopulismus nicht um eine geschlossene Ideologie, sondern um eine Methode: eine politische Technik, die Komplexität auf Schlagworte reduziert, Ängste in Energie verwandelt und immer wieder Feindbilder neu auflädt. Wer sie erfolgreich einsetzt, kann Wahlen gewinnen – ob in den USA, Italien, Deutschland oder Japan.
Gerade weil diese Methode so flexibel ist, lässt sie sich in unterschiedlichen nationalen Kontexten immer wieder neu anpassen. Von einer „globalen Weltanschauung“ zu sprechen, verklärt das Phänomen – und wertet es unnötig auf. Der Populismus hat keine Substanz, sondern lebt von der Wiederholung der immer gleichen Muster: Wir gegen die Anderen, Volk gegen Elite, einfache Lösungen gegen komplizierte Wirklichkeiten.
Es wirkt deshalb fast grotesk, wenn die FAZ den Vormarsch beklagt. Wer sich an die Debatten über Migration, „Gender-Ideologie“ oder angebliche Tabubrüche erinnert, weiß, wie oft das Blatt selbst das rhetorische Vokabular nach rechts geöffnet hat. Manche Kolumnen haben den Resonanzraum geschaffen, in dem sich genau jene Narrative etablierten, die man nun als Gefahr beschreibt. Ist es noch nötig, an die Rolle zu erinnern, die das Blatt bei der rechtsgesteuerten Kampagne gegen die Verfassungsrichter-Kandidatin Brosius-Gersdorf maßgeblich innehatte?
Wenn die Zeitung heute schreibt, „wir erleben eine Revolution“, dann wäre Ehrlichkeit angesagt: Es ist auch die Revolution, die man selbst mitgetrommelt hat. Der Rechtspopulismus ist nicht die Idee, deren Zeit gekommen ist. Er ist die Methode, die längst Routine geworden ist – befördert von Medien, die erst mitschreiben und dann erschrocken zurückblicken.
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