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Das BVerfG zu Tierheilpraktikern und Homöopathie: Nur Probleme, keine Lösungen

I’m not amused…

Die homöopathische Welt glaubt einmal wieder, Anlass zur Freude zu haben. Vor wenigen Tagen traf das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung, die dort als „Sieg“ gefeiert wird. Und in der Tat, auf eine gewisse Weise ist sie das auch, wenn ich auch glaube, dass die meisten Feiernden den genauen Inhalt des Urteils nicht wirklich realisiert haben. Man könnte nämlich, recht betrachtet, durchaus sagen, dass die Homöopathie allenfalls als „Beiwerk“ Gegenstand des Urteils ist.

Ich bin weit entfernt von Richterbashing, als jemandem, der mal eine Menge über Jura, Gesetzgebung und Rechtsprechung gelernt hat, ist mir das fern. Aber es ist legitim, aufzuzeigen, wo auch Entscheidungen des obersten Gerichts vielleicht einen zu niedrigen Horizont, einen allzu begrenzten Radius einbeziehen und damit verfehlen, ein in der Gesamtschau „richtiges“ Urteil zu erreichen. So bitte ich meine nachfolgenden Ausführungen zu verstehen.

Worum geht es?

Das Tierarzneimittelgesetz 2022

Im Februar 2022 ist das neue Tierarzneimittelgesetz (TAMG) in Kraft getreten. Im Wesentlichen ist es eine Umsetzung von Regelungen der neuen EU-Biorichtlinie und der EU-Tierarzneimittelrichtlinie. Einer der Kernpunkte der EU-Regelungen ist das Gebot, dass Arzneimittel in der Haltung von Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen, nur noch auf tierärztliche Verordnung hin verabreicht werden dürfen (sog. Tierarztvorbehalt). Da Homöopathika bekanntlich auch Arzneimittel im Sinne des Gesetzes sind, bedeutet das das Aus für das Herumpfuschen von Tierhaltern und Tierheilpraktikern mit Homöopathie im Viehstall. Dass auch Tierärzten hier rechtlich enge Grenzen gesetzt sind, habe ich auf diesem Blog schon näher erklärt.

Der deutsche Gesetzgeber hat den Regelungen der EU-Richtlinien, die es umzusetzen galt, noch ein Detail hinzugefügt: er hat nämlich Haltern und Tierheilpraktikern (also Laien) auch für den Bereich der Nicht-Nutztiere grundsätzlich untersagt, Homöopathika, die nicht explizit als Veterinärarzneimittel ausgewiesen sind (das sind die allermeisten) ohne tierärztliche Verordnung zu verabreichen. Das ist üblich (was schert dabei die Unmöglichkeit, nach homöopathischen Grundsätzen zu therapieren) und nennt sich „Umwidmung“. Es geht also, kurz gesagt, um die Ausdehnung des Tierarztvorbehalts auf Tiere, die keine Nutztiere mit dem Ziel der Lebensmittelgewinnung sind. Hund, Katz, Pferd und Maus also. Und Koikarpfen nicht zu vergessen, ein bekanntes Tätigkeitsfeld für Tierheilpraktiker.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Nun ist Tierhomöopathie ja eh nichts anderes als das Absurde im Absurden. Aber lassen wir diese Kleinigkeit erst einmal beiseite und fragen uns, was das jetzt mit dem Bundesverfassungsgericht zu tun hat.

Nun, es handelt sich um eine Klage von TierheilpraktikerInnen gegen den eben beschriebenen „speziellen“ Teil des TAMG, den Tierarztvorbehalt auch bei Nicht-Nutztieren, der sie in ihrer Berufsausübungsfreiheit einschränke. Die Formulierung war wohl, die Regelung „käme faktisch einem Berufsverbot gleich“.

Nun kann man sehr wohl darüber streiten, ob dies a) nicht durchaus wünschenswert und b) der Tierheilpraktiker überhaupt ein „Beruf“ sei. Leider hat in der Rechtsprechung die frühere Rechtsfigur des Berufs mit Ausbildung, Fachkunde, in der Regel auch dem Nachweis einer Qualifikation unter einem Prüfungsregularium längst einer Sicht Platz gemacht, die mehr oder weniger als „Beruf“ alles anerkennt, was auf dem gleichsinnigen Zusammenschluss einiger Überzeugter beruht und über mehr als ein paar Wochen oder Monate tatsächlich gegen Entgelt ausgeübt wird. Im ersteren Sinne wäre der „Tierheilpraktiker“ also ein Nicht-Beruf, allenfalls eine Tätigkeit. Das Bundesverfassungsgericht sah aber in seinem hier besprochenen Urteil kein Problem darin, Tierheilpraktikern den Schutz der Berufsausübungsfreiheit nach dem Grundgesetz zuzuerkennen und sie damit als „Beruf“ de facto rechtlich anzuerkennen. Was eine sehr unangenehme Sache ist, wie wir noch sehen werden.

Unter dieser offensichtlich nicht weiter hinterfragten Prämisse untersuchte das Gericht, ob das „Homöopathie-Verbot“ des TAMG für Nicht-Tierärzte im Nicht-Nutztierbereich (man muss es so präzise ausdrücken) tatsächlich verfassungswidrig sei. Und bejahte diese Frage. Mit der Folge, dass der angegriffene „Spezialteil“ des TAMG als von Anfang an nichtig gilt und nicht anzuwenden ist.

Das Gericht befand, das uneingeschränkte Verbot der Anwendung von Humanhomöopathika an Nicht-Nutztieren durch Halter und Tierheilpraktiker sei vom Gesetzgeber nicht ausreichend gegenüber dem damit verbundenen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit abgewogen worden. Die Einstufung der Tierheilpraktiker als Beruf nehme ich mal als Fakt hin, so sehr es mir widerstrebt – siehe oben. Aber die Sache mit der Abwägung, da hakt es bei mir gewaltig.

Der Gesetzgeber hat vor dem Hintergrund, dass die Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung von Belangen des Tierschutzes und einer Schädigung der Gesundheit von Tier und Mensch als gering einzuschätzen ist und durch die Einführung einer Pflicht zum Nachweis theoretischer Kenntnisse im Bereich der Tierheilkunde weiter gemindert werden kann, keinen verfassungsrechtlich angemessenen Ausgleich vorgenommen.

Pressemitteilung vom 16.11.2022 zum Beschluss vom 29. September 2022
1 BvR 2380/21, 1 BvR 2449/21

Gut, das entspricht dem ehernen Grundsatz, dass Eingriffe in Rechte, zumal Grundrechte (wie hier in die Berufsausübungsfreiheit) notwendig, angemessen und so milde wie möglich sein müssen. Nähere Ausführungen dazu in der Gesetzesbegründung hat das Gericht vermisst. Es ist also erst einmal folgerichtig, wenn es diesen Punkt in den Fokus nimmt.

Ich kenne die großen Linien der Verfassungsgerichtsrechtsprechung einigermaßen gut, zurück bis in die Anfänge. Da hat sich mit der Zeit einiges verändert – oder besser gesagt, neu verortet. Das ist eigentlich eine gute Sache und sollte viel öfter Gegentand der Rechtsprechung sein, die ja in gewissen Grenzen ein Spiegelbild der realen gesellschaftlichen Verhältnisse und keine sture Rechtsanwendung sein soll. So fordert das BVerfG selbst von der gesamten Rechtsprechung. „das geltende Recht an veränderte Verhältnisse anzupassen“ (so in der Entscheidung des Ersten Senats vom 25. Januar 2011 – 1 BvR 918/10 -).

Zu den weniger gutzuheißenden Entwicklungen in der Verfassungsrechtsprechung gehört aber, dass solche konkreten Aussagen zu Prämissen und Kriterien wie im vorliegenden Fall früher so nicht getroffen worden wären. Hier aber sieht man, wie das Gericht praktisch Prämissen „unverrückbar“ festschreibt und sie dem Gesetzgeber als konkrete Abwägungskriterien regelrecht vorgibt. Früher hätte sich das Gericht wohl auf die Feststellung beschränkt, es fehle an einer schlüssigen Darlegung und Abwägung des Pro und Contra eines solchen Grundrechtseingriffs.

Was das BVerfG hier tut und was nicht von mir allein kritisiert wird, das nennt man „Einschränkung der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers“. Damit ist gemeint, dass der Gesetzgeber weitgehend frei darin ist, die Gründe für und gegen eine Gesetzesregelung abzuwägen und dabei auch selbst zu entscheiden, welchen Gründen er dabei den Vorrang einräumt. Verfassungsgerichtlicher Nachprüfung obliegt – das ist doch unter dem Aspekt der Gewaltenteilung eine Selbstverständlichkeit – nur noch, ob eine solche Abwägung überhaupt stattgefunden hat oder ob sie auf gänzlich sachfremden Erwägungen beruht. Die Einschätzungsprärogative ist von der Rechtsprechung so „großzügig“ wie nur immer vertretbar auszulegen. Danach könnte der Urteilsspruch nur lauten, dass das eine (fehlende Abwägung) oder das andere (elementar fehlerhafte Abwägung) vorliegt und nicht, nach welchen konkreten Prämissen der Gesetzgeber hätte verfahren müssen bzw. bei einer Revision des Gesetzes verfahren solle.

Die sachliche Schieflage

Und genau in dieser kritikwürdigen Ausdehnung des Rahmens der Rechtsprechung liegt die Crux und zeigt auf, warum es elementar ist, gegenüber dem Gesetzgeber nicht „zu konkret“ zu werden. Denn:

Nach meiner bescheidenen, aber m.E. wohlbegründeten Ansicht liegt das Gericht daneben, wenn es von einer „geringen Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung von Belangen des Tierschutzes und einer Schädigung der Gesundheit von Mensch und Tier“ ausgeht. Das ist der Widerhall jahrzehntelanger Homöopathie-Propaganda von „sanft, natürlich und nebenwirkungsfrei“, die sich ganz offensichtlich sogar in den Köpfen von Richtern als unhinterfragbar einen Platz erobert hat. Nur ist das erstens falsch, zweitens falsch und außerdem – falsch.

Natürlich hat man seinerzeit, beim Arzneimittelgesetz 1978, den Homöopathen und Anthroposophen nach deren Gezeter auch deshalb ihren Willen gelassen, weil man ihre verdünnten Eso-Pillen und -Tinkturen für jedenfalls „harmlos“ hielt. Das war aus der damaligen Sicht irgendwie ja noch nachvollziehbar (Betonung auf „irgendwie“). Aber heute ist das eine absolut unhaltbare Position und ein zentraler Punkt der wissenschaftsbasierten Homöopathiekritik. Das Projekt „Globukalypse“ des Informationsnetzwerks Homöopathie zielt genau darauf ab, vor allem Entscheidungsträgern in Gesundheitswesen und Politik die vielfältigen Schadenspotenziale von Homöopathie zu verdeutlichen.

Es lässt sich eigentlich auf einen sehr kurzen Extrakt verkürzen: Homöopathie ist spezifisch unwirksam, daher kommt eine „Behandlung“ damit einer Nichtbehandlung gleich. Dass eine Nichtbehandlung a priori schadenbehaftet ist, liegt auf der Hand. (Und dass eine Behandlung mit Homöopathie nicht mit dem Placeboeffekt zu rechtfertigen ist – was die Homöopathen auch gar nicht wollen – das wurde schon oft erklärt.) Von einem geringen bis nicht vorhandenen Schadenpotenzial der Homöopathie auch im vorliegenden „Spezialfall“ auszugehen, ist schlicht verfehlt. Das ist auch von der medizinwissenschaftlichen Seite (u.a. dem Weltärztebund) längst als relevant anerkannt.

Daraus folgt dann aber auch, dass die homöopathische „Behandlung“ von Haustieren tierschutzrelevant ist. Immerhin ist der aktive Tierschutz auch ein Verfassungsgebot. Tiere durch faktische Nichtbehandlung leiden lassen, Krankheiten bei der Chronifizierung zuzusehen oder gar die Tiere sterben zu lassen ist tierschutz- und damit gesetzeswidrig.

Das Bundesverfassungsgericht hat aber gerade das glatte Gegenteil dessen als Prämissen angenommen und dies für eine Abwägung dem Gesetzgeber mehr als nahegelegt – das ist der Part, dem hier entschieden widersprochen werden muss. Schlimm genug, dass das Gericht den Tierheilpraktiker als „Beruf“ zementiert und dem Gesetzgeber gar vorschlägt, diesen durch einen Regelungsrahmen auch noch zu legitimieren. Schon das Urteil selbst bedeutet eine Festigung des Tierheilpraktiker-Unwesens, kommt es erst zu einer gesetzlichen Regelung gleich welchen Inhalts, wäre das eine Festlegung für die Ewigkeit. Selbst die Humanheilpraktiker würden davon profitieren, wenn eine ihnen analoge Entität im Tierbereich regelrecht installiert werden würde. Das alles unter die Annahme zu stellen, es gehe hier um eine Marginalie ohne nennenswertes Schadenspotenzial, das ist schlicht – verfehlt.

Und den Tierheilpraktikern eine „Pflicht zum Nachweis theoretischer Kenntnisse im Bereich der Tierheilkunde“ aufzuerlegen, hat mit der Realität auch wenig bis nichts zu tun. Erstens, weil man sich die Diagnostik und Therapie beim Tier eher noch komplexer vorstellen muss als in der Humanmedizin, was jeder Absolvent einer tierärztlichen Hochschule bestätigen wird. Und zweitens, weil eine solche Anforderung nicht einmal an die Zulassung als Humanheilpraktiker gestellt wird. Dort geht es lediglich darum, ob der Kandidat einigermaßen seine Grenzen kennt – die berühmte Prüfung „zur Abwehr von Gefahr für die Volksgesundheit“. Die Formulierung des Gerichts für Tierheilpraktiker geht absurderweise klar darüber hinaus. Das würde dann wieder dazu führen, dass die Tierheilpraktiker sich in ihrer Berufsausübungsfreiheit gegenüber den Humanheilpraktikern … und der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung … äh … lassen wir das mal beiseite, denn das könnte man noch viel weiter ausführen.

Fazit: Keine Lösungen, nur zusätzliche Probleme

An der Legitimation der Homöopathie als Arzneimittel, dem Grundproblem, ändert sich ersichtlich – nichts. Das Urteil unterstreicht im Gegenteil sozusagen noch einmal die Rolle der Homöopathie als Arzneimittel im Sinne des Gesetzes. Und zeigt damit – wie schon erwähnt – die enorme Wirkkraft der jahrzehntelang verbreiteten Homöopathie-Propaganda, die der Methode den Ruf einer realen Therapieoption in den Augen der Allgemeinheit verschafft hat.

Das zu ändern, ist das Anliegen der „Globukalypse“.


Kleiner FunFact zum Schluss: Nach der Veröffentlichung des Urteils und diversen Presseartikeln dazu fanden sich in den Sozialen Medien die „Betroffenen“ zusammen – und waren zu großen Teilen baß erstaunt, dass es die Regelung, die das Gericht nun gekippt hat, überhaupt gegeben hat. Was ein bezeichnendes Licht auf die „Professionalität“ der „Ausübenden der Tierheilkunde ohne Approbation“ wirft. Jahrelange Vorlaufzeiten und Diskussionen über die EU-Regelungen und ihrer Umsetzung in nationales Recht ist offenbar an diesen Profis ebenso vorbeigegangen wie eine Petition der eigenen Verbandschaft und die durchaus in der Presse berichtete Klageeinreichung. Wollte ich nur kurz angemerkt haben.


Meine Empfehlung zum Thema Tierheilpraktiker:

Colin Goldner: Tierheilpraktische Quacksalberei (beim Humanistischen Pressedienst)


Bild von Anja auf Pixabay

Homöopathie – eine „Lüge“?

Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog „Die Erde ist keine Scheibe“
und wird hier in leicht überarbeiteter Form wiederveröffentlicht.

I

Homöopathen haben es nicht leicht. Der Druck der Fakten und die Eindringlichkeit der darauf fußenden Kritik ist inzwischen groß – eine höchst unerwartete Entwicklung der letzten Jahre. Homöopathiekritiker haben es ebenfalls nicht leicht – zunehmend werden sie mit Versuchen konfrontiert, den Diskurs nicht mehr auf einem argumentativen Level (ungeachtet der Validität der Argumente) zu führen, sondern ihn auf eine emotionale, teils persönliche und gelegentlich diffamierende Ebene zu verlagern.

Die – letztlich erwartbaren – Gegenreaktionen gegen Letzteres sind in den Kommentarspalten zu beobachten. Nicht die profilierten wissenschaftsorientierten Kritiker der Homöopathie, aber Teile des kommentierenden Publikums spricht angesichts des beschriebenen Diskurswandels zunehmend von „Lügen“ und „Betrügen“ im Zusammenhang mit Homöopathie.

Ich möchte aus der dezidiert homöopathiekritischen Sicht, die sich allein auf die wissenschaftliche Faktenlage stützt, hierzu Stellung nehmen. Und damit auch die Homöopathiekritik dort – nochmals – verorten, wo sie steht: In einen sachlichen, faktenbasierten, fairen und von Vorurteilen möglichst freien Diskurs außerhalb jeder persönlichen Ebene, ganz unabhängig davon, ob dies umgekehrt auch der Fall ist.

II

Nun, „Lügen“ und „Betrügen“ haben ein entscheidendes gemeinsames Merkmal: Das Handeln wider besseres Wissen.

Ich habe gute Gründe für erhebliche Zweifel daran, ob bei einer nennenswerten Zahl von Vertretern der Homöopathie dieses Merkmal vorliegt. Bis zum Beweis des Gegenteils halte ich auch niemanden aus dieser Szene für „dumm“, was Kritikern häufig unterstellt wird. Das wäre zudem eine sehr schlechte Ausgangsbasis für Kritik.

Es geht um etwas anderes. Der confirmation bias schlägt zu – und zwar heftig. Der Bestätigungsfehler, der gewaltige Kraft hat und immer wieder unterschätzt wird – er ist durchaus in der Lage, weltweite „Hypes“ lange Zeit aufrechtzuerhalten. Er ist beispielsweise auch die ultimative Antwort auf die rhetorische Frage, ob „100 Nobelpreisträger irren können“. Klar können sie. Haben sie auch schon. Der confirmation bias besteht bei ihnen darin, dass sie glauben, die Expertise in ihrem Fachgebiet und die damit erworbene Reputation befähige sie zu einem fundierten Urteil auch auf anderen Fachgebieten.

Begrifflich bedeutet der confirmation bias zunächst „nur“ die Fokussierung der Wahrnehmung im Hinblick auf die Bestätigung bereits vorgefasster Überzeugungen. „Wahrnehmung“ in diesem Sinne ist nicht nur die Rezeption positiver, sondern ebenso die Abwehr infragestellender Informationen. Ist der confirmation bias ausreichend stark und die zu bestätigende Meinung interpersonell sehr gefestigt und bedeutsam, kann er sich übersteigern in etwas, was gelegentlich als „mybias“ bezeichnet wird. Dieser geht insofern über das Suchen nach Bestätigung bzw. der Abwehr von Widersprüchen hinaus als er zusätzlich einen sehr starken, mit dem Selbstbild der Person verbundenen Wunsch verankert, ihre Position möge echt und wirklich ganz bestimmt die wahre und richtige sein. Die Verankerung im Kontext einer gemeinsamen Gruppe, die den bias ständig nährt, befördert dies noch. Dies ist durchaus ein schlüssiges Erklärungsmodell für das Festhalten an objektiv unhaltbaren Positionen, weit jenseits von Lüge und Betrug, wie es in der Homöopathieszene geschieht.

Das geht so weit, dass selbst die Ergebnisse „eigener“ homöopathischer Forschung, die keine spezifische Wirksamkeit der Methode belegen konnten, immer wieder als Beweise für das Gegenteil angeführt werden (die Arbeiten von Robert Mathie, Forscher beim Homeopathy Research Institute) erfreuen sich dabei besonderer Beliebtheit) – ein Phänomen, in der Tat.

Ein in diesem Zusammenhang besonders interessantes empirisches Ergebnis aus der kognitiven Sozialforschung sei hier kurz vorgestellt. Wason (1960) [1] ließ Probanden, die in Poppers Wissenschaftstheorie wohlbewandert waren, zu einem Problem eine Hypothese aufstellen und stellte ihnen danach die Aufgabe der „Prüfung“ dieser eigenen Hypothese. Nahezu alle Probanden versuchten durchaus nicht, ihre Hypothese zu falsifizieren, sondern zu verifizieren – hier liegt der Ursprung der Begrifflichkeit „confirmation bias“. Viele Folgeforschungen mit Varianten der Situation haben diesen Befund eindrucksvoll bestätigt. Sehen wir nicht bei den Homöopathen ein ständiges Bemühen, die eigene Position zu rechtfertigen (Bestätigungsforschung [2]), statt angemessen kritischer Falsifizierungsversuche? Was so weit geht, dass der Wissenschaftsbegriff des kritischen Rationalismus als „nicht passend“ für die Homöopathie hingestellt wird.

Nun verwundert dies keineswegs bei dem nahezu unumschränkten Ruf, den die Homöopathie bis vor ganz wenigen Jahren noch genoss. Nicht nur beim Anwender und beim durchschnittlichen homöopathischen Therapeuten, sei er Arzt oder Heilpraktiker, sondern auch im medizinischen und pharmazeutischen Studium – wo Homöopathie allenfalls weitgehend unwidersprochen blieb. Nach der „Marburger Erklärung“ von 1992 hat es kein klares Statement einer akademischen Einrichtung gegen die Homöopathie mehr gegeben, man möchte sagen, im Gegenteil. Erst der freie Zusammenschluss des „Münsteraner Kreises“, der über keine eigene formelle akademische Legitimation verfügt, ist mit der Autorität der Expertise seiner Mitglieder homöopathiekritisch 2018 an die Öffentlichkeit getreten. Das heißt: Die heute Praktizierenden sind fast alle noch in Zeiten ohne jede systematische Kritik in die Homöopathie „hineingewachsen“. Der confirmation bias war vorprogrammiert. Jedoch – in Zeiten, wo die Evidenzbasierte Medizin sich sogar in Entwicklungsländern etabliert, ist hierfür kein Raum mehr.

III

Der confirmation bias zieht aber noch weitere Kreise.

Darf man wirklich annehmen, der Aufwand für homöopathische Forschungen, seien es nun klinische Studien oder sogenannte Grundlagenforschung, entspringe allein bewusster Spiegelfechterei? Das glaube ich nicht.

Wir Kritiker sagen ja gelegentlich, die Studien und Grundlagenforschungen (die sämtlich zwangsläufig auf ein Hornberger Schießen hinauslaufen) dienen der Selbstbestätigung des homöopathischen Publikums bzw. der „praktischen“ Therapeuten, also der „Gemeinde“. Das ist sicher richtig (auch angesichts der stets fehlenden Konsequenzen für die homöopathische Behandlungspraxis) und wohl auch ein Motiv, man muss sich nur ansehen, wie triumphierend immer wieder irgendeine neue Studie als „ultimativer Beweis“ der Homöopathie präsentiert wird (und kurz darauf in sich zusammenfällt [3]).

Aber im Großen und Ganzen dürfte auch diese Forschung überwiegend ebenso auf dem „mybias“ beruhen, der Verbindung der kognitiven Verzerrung in Richtung auf die bestehende Ansicht und dem Willen, im Recht zu sein, mit dem Selbstbild. Zweifellos treibt diese starke Kraft zu einigem Aufwand – es „geht um was“. Zumal in einer Gruppe, die sich ohnehin in den letzten Jahren unerwartet zunehmender Kritik ausgesetzt sieht.

Das nächste Indiz für das Wirken des „mybias“ sind die teils unglaublichen Unzulänglichkeiten, die sich homöopathische Forscher in ihren Arbeiten immer wieder leisten. Wenn man sich in Arbeiten wie die in den Links unter [3] beispielhaft angeführten vertieft, fasst man sich an den Kopf und fragt, was einen ohne Zweifel intelligenten Menschen dazu veranlasst, solche Fehlleistungen zur Veröffentlichung zu bringen. Hier ist der bias offenbar so stark, dass er selbst den Gedanken an eine mögliche Beschädigung der eigenen wissenschaftlichen Reputation verdrängt. Prominente Beispiele dafür sind Herr Benveniste und Herr Montagnier, beides geachtete Wissenschaftler, der letztere gar Nobelpreisträger, die beide ihre Reputation im Zusammenhang mit unhaltbarem Zeugs als Beweisversuche pro Homöopathie eingebüßt haben.

Das Wirken des bias erkennt man auch an dem sichtlichen Bemühen mancher Forscher, ihre Schlussfolgerungen aus den Studiendaten nicht falsch, aber euphemistisch „in Richtung Homöopathie“ zu formulieren, wo schlicht die klare Aussage angebracht wäre, dass sich die Ausgangshypothese (Überlegenheit von Homöopathie über Placebo oder Standardtherapie) nicht bestätigt hat. Dies wiederum bereitet den Nährboden für die bereits erwähnte „Überinterpretation“ des Studienmaterials durch die homöopathische Szene.

IV

Dass Zweifel bei praktisch allen Homöopathen irgendwo vorhanden sind, wie Natalie Grams meint, das glaube ich auch. Aber wahrscheinlich sehr unbewusst. Ein Indiz dafür ist sicher, dass die homöopathische Szene inzwischen außerhalb jeder Sachebene zu agieren beginnt. Die bekannten Euphemismen beherrschen die Diskursbeiträge, zunehmend mit persönlich gefärbten Attacken gewürzt. Beim Schulterschluss mit einflussreichen Gruppen wie der Politik wird auf die emotionale Karte gesetzt, auf das falsche Image des „Sanften und Natürlichen“, es wird die falsche Identität der Homöopathie mit „Naturheilkunde“ nach Kräften befeuert und statt valider Argumente wird die Beliebtheitskarte ausgespielt. Sind das nicht alles Zeichen zunehmender Unsicherheit von Menschen, die nicht „lügen“, sondern deren Selbstbild mit inneren Widersprüchen zu kämpfen hat? Vielleicht nicht immer, aber ich denke, in den meisten Fällen schon. Ich verstehe das sogar – das ist ja auch meine Aufgabe als Kritiker.

V

Was den klassischen Nutzer von Homöopathie angeht, so ist die Sachlage ein wenig anders. Er ist zwar auch vom confirmation bias beseelt, aber der wurde ihm durch jahrzehntelange fehlgehende Propaganda „anerzogen“. Das wird flankiert vor allem durch fehlendes Wissen zur Homöopathie. Das zeigen selbst die Umfragen der Homöopathen (wobei wir die gelegentlichen manipulativen Eskapaden mal außer Acht lassen wollen). Die große Umfrage Allensbach 2014 hat klar ergeben, dass – nach damaligem Stand zwar gut 60 Prozent der Bevölkerung Homöopathie schon einmal angewandt haben. [4] Aber: Es ist bekannt, dass weniger als 20 Prozent der Anwender (vermutlich ist das hoch gegriffen) in der Lage sind, wenigstens ein Wirkprinzip der Homöopathie zutreffend zu benennen, was für ein „Wissen“ zur Homöopathie sicher längst nicht zureichend ist. Das macht sich ja auch praktisch bemerkbar in dem Anteil von gut vier Fünftel des Homöopathika-Umsatzes in den Apotheken, der zur Selbstbehandlung – ohne Rezeptierung durch einen Therapeuten – über die Ladentheke geht (was mit der Allensbach-Umfrage insofern korrespondiert, als dass dort von 67 Prozent der Befragten als „Weg zu homöopathischen Arzneimitteln“ der „Rat von Freunden, Familie und Bekannten“ genannt wird). Nach homöopathischen Grundsätzen ein derartiges Unding, dass klassische Homöopathen eigentlich laut aufschreien müssten.

Was aber nichts anderes heißt, als dass der Prozentsatz der Bevölkerung, der auch nur einigermaßen über die Prinzipien der Homöopathie Bescheid weiß und daher zumindest in die Nähe einer „eigenverantwortlichen Patientenentscheidung“ kommt, erschreckend gering sein dürfte. Vor diesem Hintergrund ist jede Aussage über „Beliebtheit in der Bevölkerung“ wertlos. Ich habe die Hoffnung, dass sich dies durch die aufklärende Homöopathiekritik der letzten Jahre inzwischen ein wenig verbessert hat. Aber solange der Boden in dieser Weise für die Homöopathievertreter bereitet ist, dürfen sie sich freuen – und haben keinen äußeren Anlass, von ihrer Irrlehre abzulassen. Anders formuliert: Sie haben keinen Anlass, ihren confirmation bias zu erkennen und zu hinterfragen. Und genau das will die Homöopathiekritik ändern. Durch Information und Aufklärung.

VI

Conclusio: Nein, die Homöopathen sind nicht durchweg Lügner oder Betrüger, die auf breiter Front wider besseres Wissen ihre Methode anwenden und verteidigen. Entsprechend würde ich auch jedem antworten, der diese These vorbringt (und habe das auch schon getan). Das befreit die Vertreter der Homöopathie – zumal die mit akademischer Ausbildung – aber nicht von der klaren ethischen und intellektuellen Pflicht, sich mit den zutage liegenden Fakten, die die Homöopathie unbestreitbar als spezifisch unwirksam und unwissenschaftlich zeigen, auseinanderzusetzen und sich selbst dabei zu hinterfragen. Das ist der Punkt. Dies ist die zu stellende Anforderung, der man nicht gerecht wird, wenn man den faktenbasierten Diskurs verlässt und sich auf Metaebenen begibt (oder sich dorthin ziehen lässt), sei es durch Appelle an das „Schöne, Wahre, Gute“, sei es mittels des „Traditionsarguments“, sei es durch Beschwörung der (auf confirmation bias beruhenden) „Beliebtheit“, ebenso durch Diskreditierungen der wissenschaftlichen Methode oder gar solche persönlicher Art – wobei ich letzteres für das ultimative Eingeständnis halte, über keinerlei Sachargumente zu verfügen. Was nur noch übertroffen werden kann von einer Ausprägung des confirmation bias, die glauben lässt, dies nicht einmal nötig zu haben.

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[1] Wason P (1960) On the failure to eliminate hypothesis in a conceptual task. The Quarterly Journal of Experimental Psychology, 12, 129 – 140

[2] http://www.beweisaufnahme-homoeopathie.de/?p=3596

[3]  Beispiele: http://www.beweisaufnahme-homoeopathie.de/?p=3577

[4] https://www.bah-bonn.de/bah/?type=565&file=redakteur_filesystem%2Fpublic%2FErgebnisse_Allensbach_deSombre.pdf

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Bildnachweise: Pixabay License CC0


Aus den Kommentaren

HÜMMER 24. Januar 2019 12:06

Conclusio: Nein, die Homöopathen sind nicht durchweg Lügner oder Betrüger, die auf breiter Front wider besseres Wissen ihre Methode anwenden und verteidigen. Entsprechend würde ich auch jedem antworten, der diese These vorbringt (und habe das auch schon getan). Das befreit die Vertreter der Homöopathie – zumal die mit akademischer Ausbildung – aber nicht von der klaren ethischen und intellektuellen Pflicht, sich mit den ZUTAGE LIEGENDEN FAKTEN, die die Homöopathie UNBESTREITBAR als spezifisch unwirksam und unwissenschaftlich zeigen, auseinanderzusetzen und sich selbst dabei zu hinterfragen. Das ist der Punkt. Dies ist die zu stellende Anforderung, der man nicht gerecht wird, wenn man den FAKTENBASIERTEN Diskurs verlässt“……..


Könnten Sie vielleicht irgendwann die Realität (der ErdKUGEL) anerkennen, dass die „ZUTAGE LIEGENDEN FAKTEN“ „UNBESTREITBAR“ Ergebnisse FÜR ODER WIDER die Placebothese der Homöopathie zeigen, JE NACHDEM WIE die Studien INTERPRETIERT werden? Können wir uns DARAUF einigen? Und darauf, dass es unredlich und unwissenschaftlich ist, ihr JEGLICHE eigenständige Wirkung pauschal abzusprechen, nur weil der Wirkmechanismus noch unplausibel ist? Und wie Walach sagt: „Wenn die Homöopathie reine Placebotherapie wäre, würde man eine andere Datenlage erwarten [unabhängig von irgendeinem Bias]….“!

UDO ENDRUSCHEIT 25. Januar 2019 1:08 

Lieber Herr Hümmer,
ich danke Ihnen sehr für Ihren Kommentarbeitrag, nicht zuletzt, weil er mir Gelegenheit gibt, zu einigen Fehlannahmen über die wissenschaftsbasierte Homöopathiekritik Stellung zu nehmen. Gestatten Sie mir, in einem Gesamtkontext auf Ihre Ausführungen einzugehen.

Es ist keine Position der wissenschaftsbasierten Homöopathiekritik, dass Homöopathie deshalb abgelehnt wird, weil es keine Erklärung von Wirkungsmechanismen gebe. Auch bei mir werden Sie nicht im Ansatz eine solche Argumentationslinie finden. Es ist einfach: Die Grundhypothese, Homöopathie habe eine spezifische arzneiliche Wirkung, hat „strenger Überprüfung“ im Sinne Popperscher Falsifikation nicht standgehalten. Wohlgemerkt, die Grundhypothese der Annahme einer Wirkung – damit ist nach den Gesetzen der Logik die Diskussion über einen Wirkmechanismus obsolet. Die Homöopathiekritik beschäftigt sich deshalb mit den „Wirkungsmechanismen“ und den Bemühungen der Homöopathie, durch „Grundlagenforschung“ (z.B. dem sogenannten high dilution research) hierfür Belege zu suchen, nur sekundär. Es ist ein offenbar auch unter Homöopathen weit verbreiteter Fehlschluss, eine Wirkung als nachgewiesen vorauszusetzen (hier ist der Triggerpunkt für die „persönliche Erfahrung“, die sich in Bezug auf die Methode Homöopathie dann zum umfassenden confirmation bias auswächst) und dann zu erklären, es gehe damit nur noch um Forschungsfortschritt, um – wie in vielen Fällen der wissenschaftlichen Medizin auch – näheren Aufschluss über die dahinter liegenden Mechanismen zu gewinnen. Nein, das ist nicht so und deshalb auch nicht primärer Gegenstand der homöopathiekritischen Argumentation. Kritikpunkt ist allerdings, dass die Situation so dem geneigten Publikum dargestellt wird.

Und deshalb gibt es für mich auch gar keinen Raum, um Ihnen eine Konzession in der von Ihnen gewünschten Richtung zu machen. Die Frage nach einem Wirkungsmechanismus der Homöopathie ist angesichts der Forschungsergebnisse zur Wirksamkeit selbst überhaupt keine epistemologische Kategorie mehr. Nun mag es sein, dass Sie nach wie vor von der spezifischen Wirksamkeit der Homöopathie überzeugt sind. Dort allerdings kommen wir erst recht nicht zusammen. Die Reviews und Metaanalysen zur Homöopathie der Jahre seit 1991 zeigen sämtlich eben keine Überlegenheit der Homöopathie bei irgendeiner Indikation, weder bei indikationsbezogener Anwendung von Präparaten noch bei individualisierter Therapie. Die einzelne Studienlage mag gelegentlich darauf hindeuten, dass es kleine Effekte geben könnte, die über Placebo hinausgehen, jedoch ist nach dem Bekunden der Autoren der Reviews die Qualität der vorliegenden Studien so niedrig, dass hieraus keine belastbaren Schlussfolgerungen gezogen werden können. Dazu rufe ich gern Robert Mathie vom Homeopathy Research Institute als Zeugen auf, der dieses Ergebnis mit seinen drei Arbeiten (2014, 2017, 2018) bestätigt, wenn er auch bemüht ist, dies in den Zusammenfassungen mit allerlei euphemistischen Formulierungen abzuschwächen. Da wird nichts „interpretiert“. „Bereinigt“ man die homöopathischen Arbeiten (was mit Interpretation nichts zu tun hat) um methodische und statistische Mängel, dann stellt sich stets eine weitere Verschlechterung der Beleglage dar (methodologisch ist es zwangsläufig, dass derartige Mängel sich immer in Richtung der Vergrößerung des Alpha-Fehlers auswirken). Nein, die spezifische Nichtwirkung der Homöopathie ist in praktisch der gesamten weltweiten Wissenschaftscommunity Konsens, und das nicht aus ideologischer Ablehnung oder ähnlichen Haltungen heraus, sondern aus guten wissenschaftlichen Gründen. Die Homöopathiekritik hat umfassend und erschöpfend die vorgelegten Arbeiten analysiert und kritisiert – so manches (wie in der Shang-Eggers-Arbeit) hat dabei als methodisch sicher nicht gerade optimal ebenfalls der Kritik unterlegen (es geht der Homöopathiekritik nicht um die Bestätigung vorgefasster Ansichten). Diese Dinge sind bei den großen Studien und Reviews alle ausdiskutiert, ohne dass sich für die Homöopathie eine bessere Ausgangslage ergeben hätte. Und dabei verzichte ich hier einmal völlig auf eine Diskussion des Aspekts der Ausgangsplausibilität der Methode.

Lassen wir dies einmal vorläufig außer Acht – ich möchte ungeachtet all dessen gern darauf eingehen, was es überhaupt bedeuten würde, konzedierte ich Ihnen wunschgemäß, eine Wirkung der Homöopathie sei nicht deshalb auszuschließen, weil ihre Wirkungsmechanismen nicht bekannt seien. Sie rekurrieren bei dieser Vorstellung auf die „Bescheidenheit“ der Wissenschaft, genauer, auf das Postulat des popperschen kritischen Rationalismus, dass Forschung nicht „Wahrheit“, sondern „Erkenntnis“ zum Ziel hat und diese wegen der Fehlbarkeit jeglicher (empirischer) Erkenntnis stets nur vorläufig sein kann (was die Begründung für den wissenschaftlichen Falsifikationismus als Motor des Erkenntnisgewinns ist). Damit ist aber nicht das Offenhalten eines Hintertürchens im Sinne eines „der andere könnte auch Recht haben“ gemeint, wie es die Verfechter eines fehlgeleiteten „pluralistischen“ (in Wirklichkeit reaktionär-positivistischen) Wissenschaftsbegriffes einfordern, denn dies wäre nichts anderes als das Ende der kritisch-rationalen Methode und der Einzug von Beliebigkeit (man könnte sagen: die Wiederkehr des Positivismus) in den Wissenschaftsbegriff. Eine Konzession meinerseits in der von Ihnen intendierten Weise wäre erkenntnistheoretisch völlig wertlos, denn sie würde keinerlei Erkenntnisgewinn hinsichtlich der Homöopathie widerspiegeln, erst recht nicht so etwas wie eine „kleine Wahrheit“ beinhalten, sondern lediglich ziemlich trivial die Vorläufigkeit menschlichen Wissens bestätigen. So etwas kann kein Weg der Erkenntnisgewinnung sein, sondern wäre nur ein positivistischer Weg, um das Faktum der menschlichen Fehlbarkeit zu einem scheinbaren Erkenntniskriterium – und das auch noch im speziellen Falle – aufzubauschen.

Herrn Walachs Postulat übrigens halte ich für eine reine Behauptung. Warum sollte man eine andere Datenlage erwarten, wenn die Homöopathie eine reine Placebotherapie wäre? Die Datenlage ZEIGT doch, dass sie im Großen und Ganzen – bei Betrachtung ausreichend großer Kohorten, was unumgänglich ist – mit Placebo auf gleicher Höhe agiert. Allein dies ist eine Widerlegung der Walachschen Position, die eine Verallgemeinerung der öfter gehörten Aussage darstellt, Homöopathie könne deshalb keine Placebotherapie sein, weil oft nicht gleich das erste (oder zweite) Mittel wirke. Das ist aber ein unbegründeter Fehlschluss, dazu verweise ich auf diesen Beitrag des Informationsnetzwerks Homöopathie:
https://www.netzwerk-homoeopathie.eu/kurz-erklaert/297-argument-homoeopathie-kann-schon-deshalb-nicht-bloss-auf-dem-placeboeffekt-beruhen-weil-oft-das-erste-gegebene-mittel-nicht-wirkt

Ich danke Ihnen nochmals für Ihren Beitrag und die Möglichkeit der Entgegnung und möchte mit einem Popper-Zitat schließen, das ich überzeugten Homöopathen gern ans Herz legen möchte:

“Wann immer wir nämlich glauben, die Lösung eines Problems gefunden zu haben, sollten wir unsere Lösung nicht verteidigen, sondern mit allen Mitteln versuchen, sie selbst umzustoßen.” (Logik der Forschung, 11. Auflage, Tübingen 2005, Seite XX).


Bullshitschleuder pro Homöopathie?!?

Schon mal vom BPH gehört? Der “Bundesverband Patienten für Homöopathie e.V”. Gibts schon lange, dümpelte aber meines Wissens seit Äonen so vor sich hin, auch auf dem Webauftritt tat sich praktisch nichts.
Offenbar hat sich jemand aus der homöopathischen Szene gefunden, der sich darangemacht hat, den Verein wiederzubeleben. Dabei wird mächtig auf die Tube gedrückt. Anlässlich der bayerischen Landtagswahl wurde ordentlich gelärmt, fast unvermeidlich wurde vor kurzem auch dort das Geraune um das Review des australischen NHMRC aufgewärmt, wo Herr Tournier, (inzwischen dort ausgeschieden, Anm. UE 09.2022) Chef des Homeopathy Research Institute, angebliches Insiderwissen zum “Stand der Dinge” von sich gab, von dem in Australien nichts bekannt ist… Naja.


Nun hat die Propagandaabteilung dort einen feinen Artikel veröffentlicht, der sich mit dem Thema des öffentlichen Angebots von Bullshit in überwiegend von Steuermitteln finanzierten Volkshochschulen befasst, also möchte, dass den “alternativen Heilmethoden” angemessener Raum in deren Angebot eingeräumt werde – speziell der Homöopathie, selbstredend. Der SPIEGEL-Titelbeitrag vom 18. August d.J. muss mal wieder herhalten als Zielscheibe der Empörung, speziell in der Person von Edzard Ernst. Dieser hatte es – nicht zum ersten Mal – dort unternommen, die Verbreitung von Blödsinn (sorry, Bullshit) in Einrichtungen, die “Hochschule” in der Bezeichnung führen, scharf zu kritisieren.


Was einen allerdings sprachlos zurücklässt, ist die Mitteilung im Artikel, dass der Deutsche Volkshochschulverband auf Anfrage bestätigt habe, dass er diesem Ansinnen (auch weiterhin) folgen werde. Tja, da kann ich den Ländern nur empfehlen, ihre Finanzierung der Volkshochschulen stärker an die Seriosität von deren Angeboten zu binden. Denn die Hauptfinanzierung kommt aus den Landestöpfen, der Rest aus kommunalen Mitteln und nur der kleinste Teil aus Kursgebühren. Und es gibt in den Ländern Volkshochschulgesetze, die meines Wissens nicht auf die Verbreitung von Blödsinn (aka Bullshit) zugeschnitten sind.


Der BPH “begrüßt” dies. Klar. Aber richtig sauer macht mich mal wieder, dass die Homöopathielobby in diesem Zusammenhang auch noch davon redet, es gehe um den mündigen und informierten Patienten. Wie bitte? Seit Jahrzehnten wird die Patientenschaft mit Fehl-, Des- und Nichtinformation zur Homöopathie überschüttet: Sie sei hoch wirksam, der Schulmedizin womöglich überlegen, sanft, natürlich und nebenwirkungsfrei, altbewährt und ohne Chemie und was dergleichen Unsinn da noch mehr unter dem Schutz des Arzneimittelgesetzes den Leuten wie das berühmte Shakespearesche “Gift in Othellos Ohr” eingeträufelt wird. Deshalb, ceterum censeo: Wir brauchen endlich, endlich ein klares Statement von deutschen Institutionen des Gesundheitswesens, nach dem Beispiel des englischen NHS, der Russischen Akademie der Wissenschaften, der Ärztekammern Frankreichs und Spaniens, um nur die in letzter Zeit Aufgetretenen zu nennen. Sonst wird es nicht gelingen, das völlig ungerechtfertigte Vertrauen der Bevölkerung in das Lügengespinst der Homöopathie-Propaganda wirklich aufzubrechen.

Die kritischen Informationsangebote sind da und werden auch angenommen (was man ja an den hektischen Aktivitäten der Lobbyisten in Opposition hierzu sieht) – aber ohne die Beseitigung des gesetzlichen Schutzschildes über der Homöopathie wird der Bürger auch weiterhin eben darauf vertrauen, dass eine staatliche geadelte Methode doch nicht unwirksame Scheinmedizin sein könne. Wobei ich die Gelegenheit wahrnehmen möchte, dies auch gleich der organisierten Ärzteschaft ins Stammbuch zu schreiben, die mit der weiteren Duldung von Homöopathie als ärztlicher Therapieform per Adelung durch ärztliche Zusatzbezeichnungen ihren wissenschaftlichen Anspruch täglich weiter untergräbt (was sich angesichts inzwischen 13 von 17 Landesärztekammern und der Bundesärztekammer so unerwartet schnell wie bemerkenswert verändert hat – Anm. UE 09.2022). Ich nehme dabei natürlich die Ärzte aus, die gar keinen wissenschaftlichen Anspruch an ihre Tätigkeit stellen, selbstverständlich.


Was soll man dazu sagen? Der BPH – letztlich nur ein weiterer Lautsprecher der Homöopathie-Lobby, der in Stellung gebracht wird, nachdem man hier und da seine Felle langsam nass werden sieht. Was erstaunt, ist die hochtrabende Selbstüberzeugung, der Tenor, der am Rande ultimativer Forderungen entlangschrammt. Allerdings kam mir doch kurz der Gedanke, dass BPH möglicherweise für Bullshitschleuder pro Homöopathie stehen könnte… aber nein, gänzlich abwegig, es geht ja um die Patienten. Die selbstbestimmten, informierten. Für die man sogar Mitglied im Europäischen Patientenverband pro Homöopathie ist.

Achso, ja – einen Beleg für die erhaltene Auskunft führt die BPH-Seite nicht an. Angesichts des Umstandes, dass eine landesweite Vortragsreihe der Volkshochschulen im Verband Baden-Württemberg für 2020/2021 zur kritischen Betrachtung der Homöopathie nur angesichts der Corona-Pandemie nicht stattfinden konnte, scheinen doch Zweifel an der Validität der Behauptung angebracht.


Zur Selbstbesinnung empfehle ich hier die Lektüre von Harry G. Frankfurts kleinem Bändchen “Bullshit”. Das kleine Büchlein eignet sich zum ständigen Trost für Skeptiker und kann ob seines kleinen Formates immer mit dabei sein.


Bildnachweis: AZ QUOTES

Dissonanzen

Ende September kündigte das Bundesgesundheitsministerium an, dass es die sogenannten Wahltarife in der GKV für Homöopathie und teils andere „komplementäre Medizin“ abzuschaffen gedenke. Ob man dies als winzigen Schritt zur überfälligen Verbannung der Homöopathie aus der GKV werten kann, mag offenbleiben – es ist so oder so eine Marginalie. Betroffen sind keine 600 Versicherten bundesweit. Es geht dabei um Tarife aus grauer Vorzeit, als noch eine „Zusatzversicherung“ neben dem GKV-Regeltarif für solche Dinge möglich war. Mit dem 3. GKV-Versorgungsstrukturgesetz wurde das ab dem 01.01.2012 (weitestgehend) überflüssig, denn ab diesem Zeitpunkt war der Weg für die Kassen frei, per Satzungsleistung generell die Erstattung von Homöopathie anzubieten. Was bekanntlich auf breiter Front geschah. Dass nun die Wahltarife den Weg alles Irdischen gehen sollen, kann man eigentlich als Routinearbeit des BMG verbuchen.

Selbst bei Homöopathiekritikern geriet diese kleine Episode eher in Vergessenheit – bis nun so etwas wie ein böses Erwachen folgte.

Denn gestern war zu vernehmen, dass sich gegen die Marginalie zur Abschaffung der letzten Wahltarife lautstark Widerstand erhebt und in diesem Zusammenhang gleich wieder grundsätzliche Statements abgegeben werden von der Sorte, dass die Schwarte kracht.

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Der Bundesrat hat auf Initiative der Landesregierung Baden-Württemberg die Empfehlung (mehr kann er nicht) an den Bundesgesundheitsminister gerichtet, von der Abschaffung der Wahltarife Abstand zu nehmen. Nun ist das erst einmal sachlich betrachtet überhaupt nicht nachvollziehbar. Selbst ein „Schutz“ der wenigen Betroffenen ist nicht notwendig und auch nicht sinnvoll. Gleichwohl wird ein solcher beschworen.

Man darf zur Kenntnis nehmen, dass der “Bundesverband Patienten für Homöopathie” (BPH), ein lange vor sich hindümpelnder, seit einiger Zeit aber wieder durchgängig beatmeter Verein mit dem Ziel politischen Lobbyismus, eine Benachteiligung ausmacht für „chronisch kranke Patienten, die über diesen Tarif etwa ihre homöopathischen Arzneimittel absichern“. So? Erstens – niemand braucht unwirksame Mittel, auch und gerade chronisch kranke Patienten nicht. Zweitens vermag ich nicht zu erkennen, wo der Nachteil gegenüber der Inanspruchnahme von Satzungsleistungen liegen soll (gut, die Obergrenze der jährlichen Erstattung mag eine Rolle spielen – geschenkt).

Und drittens gibt es (wenig bekannt) auch Regelungen zur Erstattung von Homöopathie und Co. ganz unabhängig von Wahltarifen und Satzungsleistungen. Laut Arzneimittelrichtlinie können nicht verschreibungspflichtige homöopathische und anthroposophische Arzneimittel unabhängig vom Alter des Patienten auf Kassenrezept verordnet werden, wenn sie bei bestimmten schweren Erkrankungen eingesetzt werden und die Mittel als Therapiestandard der Homöopathie und Anthroposophie gelten. Der G-BA hat dazu ein Verzeichnis vorgelegt (Anlage 1 zur Arzneimittelrichtlinie, sog. OTC-Übersicht), in dem auch chronische Krankheiten berücksichtigt sind. Eine Art Härtefallregelung also – ich möchte wetten, dass sie von einer größeren Zahl von Patienten in Anspruch genommen wird als es noch Wahltarifversicherte gibt. Mit diesem – selbstverständlich ebenfalls überflüssigen – Instrumentarium ist doch wohl das letzte „Argument“ vom Tisch, das gegen eine Abschaffung der Wahltarife sprechen könnte.

Könnte. Der BPH argumentiert sozusagen auf der Metaebene auch damit, dass die Satzungsleistungen ja keine „Garantie“ dafür seien, dass Homöopathie dauerhaft im Leistungsspektrum der Kassen bleibe, dies aber im Patienteninteresse absolut notwendig sei. Tja, da kommen wir wohl nicht zusammen, denn meinesteils wäre eine „Garantie“ für homöopathische Erstattungen das Letzte, was man sich wünschen sollte. Aber – registriere ich da eine leichte Besorgnis, die Homöopathie als Satzungsleistung könnte womöglich irgendwann generell kippen?


Aber es geht eigentlich um viel mehr. Wir sprachen ja schon davon, dass diese seltsame Kleinigkeit nicht nur den BPH auf den Plan gerufen hat. Mehr oder weniger ungefragt, dafür umso deutlicher, überbieten sich Vertreterinnen der großen Parteien in Kommentaren, die großenteils nichts anderes sind als ebenso bedingungs- wie kenntnislose Bekenntnisse zur Alternativ-, Komplementär-, Integrativ- und sonstige WünschDirWas-Medizin. Ausschnitte:

Sabine Dittmar (SPD) – selbst Ärztin – sagte, die SPD erkenne an, dass komplementärmedizinische Behandlungen von vielen Menschen gewünscht seien. „Wir begrüßen daher alle Maßnahmen, die zu einer stärkeren Evidenzbasierung und Weiterentwicklung der Qualitätssicherung von alternativen Behandlungsmethoden führen“, sagte sie. (Man beachte den astreinen Zirkelschluss.)

Karin Maag (CDU) hält „den Wahltarif bislang für eine gute Option für die Versicherten, die individuell ein solches Angebot ergänzend zur Schulmedizin wünschen“. (Schulmedizin. Aus gesundheitspolitischem Munde.)

Kordula Schulz-Asche (Grüne): „Ich begrüße es nicht, dass der Wahltarif der gesetzlichen Krankenkassen zur Übernahme der Kosten für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen abgeschafft wird, allerdings ist es vor dem Hintergrund der verschwindend geringen Nachfrage nachvollziehbar“. Zudem blieben die Leistungen bei der Mehrzahl der Krankenkassen über Satzungsleistungen erstattungsfähig. Versicherte, die sich diese Behand­lungskosten weiterhin über einen Versicherungsschutz abdecken wollen, könnten zudem auf entsprechende private Zusatzversicherungen zurückgreifen.

Schulz-Asche betonte, „generell sollte die Entwicklung aber hin zu mehr komplementärer und integrativer Medizin gehen“. Ein reines Denken in Arzneimittelwirkstoffen werde den komplexen Heilungsmechanismen des menschlichen Körpers nicht gerecht. „Dort, wo Komplementärmedizin die Schulmedizin wirksam ergänzen können, sollte dies verstärkt fortgeführt werden und dabei weitere Evidenz geschaffen (SIC!) werden“, forderte (!) sie.

Man sieht, die rein technische Frage der Abschaffung der Wahltarife wird zum Trittbrett für grundsätzliche Statements – ihr wisst schon wofür.  Man nutzt die Gelegenheit zur öffentlichen Positionierung. Und die ist bedenklich bis erschreckend. Letztlich läuft das Gesagte – einmal mehr – auf eine Diffamierung der wissenschaftlich fundierten Medizin hinaus, als vorgeblich defizitär, des “Ganzheitlichen” entbehrend, die Wünsche und Bedürfnisse “der Menschen” nicht ernst nehmend. Das aus dem Munde von Gesundheitspolitikerinnen, die offenbar vom Konzept der evidenzbasierten Medizin noch nicht allzuviel gehört und noch weniger verstanden haben.

Und genau das, was mir wirklich Sorgen macht, ist das hier zum Ausdruck kommende Verständnis von Evidenzbasierung. Die „alternativen“ Methoden sind eben deshalb kein Teil der Medizin, weil sie eben nicht evidenzbasiert sind! Der ganz überwiegende Teil dessen, was es auf dem Sektor an nicht gleich völlig Abstrusem gibt, ist längst untersucht. Was Evidenz nachweisen konnte, geht über in den Kanon der Medizin. Was keine Evidenz nachweisen konnte, bleibt draußen, setzt sich die alternative Kappe auf und ruft weiterhin laut nach Einlass.

Die Äußerungen von Frau Dittmar und ganz besonders von Frau Schulz-Asche lesen sich so (und sind vermutlich auch so gemeint), dass man eben so lange herumforschen müsse, bis die gewünschte Evidenz da ist. Nein, so geht das nicht. Wenn keine Evidenz vorhanden ist, dann kann man sie auch weder herbeireden noch herbeiforschen. Ist das die neueste Taktik? Immerhin versuchen ja auch führende Vertreter der Homöopathie seit geraumer Zeit, Evidenz „herbeizureden“. Wir forschen so lange, bis es passt!?! Von da bis zum von mir schon öfter kritisierten Ruf nach einem “Pluralismus in Wissenschaft und Medizin” ist es nicht weit.

Ich gebe höflich zu Protokoll, dass nach meiner Einschätzung keine dieser Stimmen hier sich überhaupt über die benutzten Begrifflichkeiten klar ist.


Ich verhehle nicht – das zum Abschluss – dass mich gerade der Umstand besonders deprimiert, dass ausgerechnet die Landesregierung Baden-Württemberg hier die Initiatorin war. Denn diese hat vor kurzer Zeit erst den Beschluss gefasst, einen Lehrstuhl für „Naturheilkunde und integrative Medizin“ an der Uni Tübingen einzurichten. Die daraufhin laut gewordenen Stimmen lassen befürchten, dass es erheblicher Wachsamkeit bedarf, hier ein Hogwarts am Neckar zu verhindern. Der Dekan der medizinischen Fakultät hat sich zwar deutlich gegen „Unwissenschaftlichkeit“ positioniert. Aber erstens ist die Frage, was man darunter versteht (die Homöopathie scheint er durchaus, die Akupunktur aber keineswegs zur “Unwissenschaftlichkeit” zu zählen, was die Problematik hinreichend illustriert). Und zweitens ist zweifellos entscheidend, welche Haltung der „Auftraggeber“, also die Landesregierung BW, letztlich dazu einnimmt. Das ist bislang durchaus nicht hinreichend klar, wie ich das sehe. Wenn der gestrige Sturm aus Anlass einer läppischen Marginalie dazu ein Vorgeschmack sein soll, dann stehen uns harte Zeiten bei dem Bemühen bevor, gegen Pseudomedizin und für eine bessere Medizin für alle einzutreten. (Was sich 2022 im politisch neu entflammten Streit um die Homöopathie in BW anlässlich der Streichung der Homöopathie aus der Weiterbildungsordnung durch die Landesärztekammer bewahrheitet hat – Anm. UE 09.2022).


Ich verstehe das einfach nicht. Wie kann man so faktenresistent sein, solche Signale mehr oder weniger ohne Not absondern und damit Interesse und Begierde der Pseudolobby anstacheln? Warum? Das kann man doch schon nicht mehr mit Populismus erklären! So langsam fange ich an, die Sache persönlich zu nehmen.


Update 16.01.2019:

In Sachen “Erhalt des Wahltarifs Homöopathie” – wie oben dargelegt, ein klassisches Nicht-Thema – hat sich nun auch die “Hahnemann Gesellschaft klassischer homöopathischer Ärzte”, ein ebenso kleiner wie gelegentlich lautstarker Lobbyverein, mit einer Petition (!) zu Wort gemeldet, deren Wortlaut ich als fairer Blogger hier gern nachstehend veröffentliche. Offenbar wurde hier “Petition” mit “Petitesse” verwechselt, kann ja mal vorkommen.

“In der Gesetzesvorlage TSVG sieht das Bundesgesundheitsministerium vor, den Wahltarif für komplementärmedizinische Arzneimittel zu streichen. Dadurch wird die Verordnung homöopathischer, anthroposophischer und anderer komplementärmedizinischer Arzneimittel diskriminiert. Der Wahltarif ist fester Bestandteil der bisherigen Gesetzgebung und ermöglicht den Krankenkassen und den Behandlerinnen und Behandlern Arzneimittel zu verordnen, die den besonderen Therapierichtungen Homöopathie, Anthroposophische Medizin u.a. entsprechen. Als Wahltarif können die Krankenkasse frei entscheiden, ob sie bei entsprechender Berechnung der Versicherungsprämie die Kosten dieser Arzneimittel übernehmen. Eine Einschränkung dieser Wahlmöglichkeit stellt einen gravierenden Eingriff in die Therapiefreiheit dar und kann nicht hingenommen werden.”

No more comment.


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Spiegel-Beilage vom 10.11.2018: War wohl nichts

Aus dem heute erschienenen SPIEGEL fällt einem eine Beilage entgegen, ein Heftchen namens „wohl – Das Gesundheitsmagazin“, das viermal jährlich in dieser Form unter die Leute gebracht wird. Ab der Seite 6 findet sich ein Artikel mit dem Namen „Sanfte Fördermittel“, der mich zunächst verwundert an die Tätigkeit der Kreditanstalt für Wiederaufbau denken ließ… Aber nein. Es handelt sich um einen Propagandaartikel pro Homöopathie, und zwar einen, der richtig dick aufträgt.

Nein, nichts für Presse- oder Werberat. Es ist eben „nur“ eine Beilage, verantwortlich herausgegeben von einer Agentur, die allerlei Anzeigen mit passenden Fachartikeln „einrahmt“. Ein Presseorgan im Sinne des Pressekodex ist das nicht. Und was den SPIEGEL angeht, so vermute ich mal zu dessen Gunsten, dass außer der Marketingabteilung, die die Möglichkeit verkauft, über das Heft Beilagen unters Volk zu bringen, niemand etwas groß von dieser Sache gewusst hat. Trennung von Werbemarketing und Redaktion zur Vermeidung von Beeinflussung ist ja eine löbliche Sache, läuft aber genau dann völlig in die falsche Richtung, wenn die redaktionelle Glaubwürdigkeit durch mit geschlossenen Augen eingefädelte Marketing-Maßnahmen konterkariert wird. Dies scheint mir hier der Fall zu sein.

Nun kann man das Ganze als unvermeidbares Ärgernis abtun, gegen das es sich eigentlich nicht einmal lohnt, Position zu beziehen. Der Homöopathiebeitrag strotzt jedoch derart vor fachlichen Fehlern und Falschdarstellungen, bei denen einen doch das Gefühl beschleicht, dass dazu doch ein paar Worte gesagt sein wollen.

Autoren des Beitrags sind Dr. Martin Frei-Erb, Homöopathiedozent am Institut für Komplementärmedizin an der Uni Bern und Dr. Annette Schönauer, tätig am Kinderkrankenhaus St. Marien, Landshut, vielfach vertreten in den Publikationen der Carstens-Stiftung. Zwei Experten, die doch wohl wenigstens die Details ihres Faches beherrschen sollten. Nun ja.


Gleich zu Beginn wird die geneigte Leserschaft mit allerlei mehr oder weniger exotischen homöopathischen Mitteln konfrontiert. Sicher würde es den Leser über die Namen der Substanzen hinaus viel mehr interessieren, wie es zu dem phänomenalen Remedium Hekla Lava gekommen ist, denn diese lesenswerte Story zeigt überdeutlich die skurrile Denkweise der Homöopathen und würde vielleicht eine gewisse Skepsis einsetzen lassen. Und nein, Apis mellifica beruht nicht auf einer Ursubstanz „Bienengift“. Die Ursubstanz ist ein alkoholischer Auszug aus der ganzen Biene, die lebend der Prozedur des Einlegens in Alkohol unterzogen wird. Das „Bienengift“ macht nicht mehr als etwa  ein Promille der Masse des Tiers aus, wenn die Biene überhaupt Giftträgerin war (was nicht unbedingt der Fall sein muss). Darüber aufzuklären, scheuen die Autoren ganz offensichtlich. Vielmehr bereiten sie mit dem Anführen dieser Mittel die große Auflösung vor, die da lautet:

„Homöopathie hat eine lange Geschichte und Tradition als naturheilkundliche Behandlungsmethode.“

Äh nein. Hat sie nicht. Darüber sollten sich die beiden Experten doch wohl klar sein. Da ist sie wieder, die völlig fehlgehende Gleichsetzung von Hahnemanns Methode mit sanfter, schonender, wirksamer und auch noch möglichst nebenwirkungsfreier „Naturheilkunde“. Zum hunderttausendsten Mal: Homöopathie hat mit Naturheilkunde nichts zu tun! Homöopathie ist eine Arzneimittellehre, eine Form von Pharmazie, die Arzneimittel herstellt, die keine wirksamen oder gar keine Inhaltsstoffe enthalten und auf Ursubstanzen beruhen, deren Eignung für spezifische Indikationen völlig unbelegt ist. In der Homöopathie darf man mit Fug und Recht das glatte Gegenteil von Naturheilkunde erkennen. Aber wir sehen hier einmal mehr die seit Jahrzehnten im wohlverstandenen Eigeninteresse bei der Kundschaft gepflegte Imagination von Blümchen, Schmetterlingen, sanfter Musik und engelsgleich schwebenden Globulipflückfeen. Bar jeder Redlichkeit wird gleich zu Anfang die Leserschaft so eingestimmt.


Herr Frei-Erb möchte sodann damit punkten, dass eine Kassenerstattung für Homöopathie in der Schweiz seit 2012 gegeben sei. Schon wieder das Verkaufen der Schweiz als gelobtes Land der staatlich legitimierten Pseudomedizin, nichts anderes als die nächste Fliegenfalle mit einem scheinbaren Autoritätsargument, dem kürzlich sogar die Neue Zürcher Zeitung in einem Artikel klarstellend entgegengetreten ist. Hier muss man festhalten, dass – kein Ruhmesblatt für die direkte Demokratie – trotz fehlender Wirksamkeitsnachweise und nicht, weil solche vorlägen, 2017 die Erstattungsfähigkeit von fünf “komplementären” Methoden (u.a. Homöopathie) nach gewaltigem Hin und Her wieder aufgenommen wurde. Trotz. Die ganze Geschichte findet sich hier. Also bitte, nicht wieder mit dem „Schweiz-Argument“ daherkommen, Herr Frei-Erb, wenn Ihnen auch in Sachen homöopathiespezifischer Narrative ein gewisser Bias zugestanden werden mag, bei reinen Tatsachen ist doch wohl zu erwarten, dass diese nicht auch noch verzerrt dargestellt werden. Dass Australien, Russland, England die Homöopathie aus dem Gesundheitswesen verbannt haben, dass Spanien und Frankreich dabei sind, das Gleiche zu tun und dass in den USA die Auflagen für die Verkaufskennzeichnung von Homöopathika immer strenger werden, das ist den Freunden der Zuckerpille keine Silbe wert. Fehlinformation durch Weglassen.


Aber es wird jetzt erst richtig interessant, denn nun wendet sich der Artikel den bösen Kritikern, auch Skeptiker genannt, zu. Und das beginnt gleich mit dem Satz: „Hierzulande werden Skeptiker nicht müde, die Studienlage zum Thema Homöopathie zu kritisieren“.

Also, jetzt bin ich aber wirklich geplättet. Das ist mir nun gänzlich neu. Denn die Studienlage, die globale, die der höchsten Evidenzstufe, derjenigen der zusammenfassenden Reviews und Metaanalysen – die kritisieren wir Skeptiker keineswegs. “Die Studienlage” steht auf unserer Seite, sie ist eine der Säulen unserer wissenschaftlich begründeten Kritik, denn sie hat keinerlei belastbare Evidenz zugunsten einer spezifischen Wirksamkeit der Methode bei irgendeiner Indikation ergeben. Kein einziges der insgesamt neun Reviews seit 1999 hat dies getan. Wovon man sich hier im Blog und bei der Homöopedia schnell und umfassend überzeugen kann. Wir kritisieren nicht die „Studienlage“, wir kritisieren Missdeutungen des Gegebenen und immer wieder neu auftauchende einzelne Studien, die sich abmühen, gegen dieses evidente Ergebnis anzuargumentieren und damit aus verschiedenen Gründen regelmäßig scheitern. Und wenn es hier und da mal eine Studie gibt, die auch bei kritischer Betrachtung eine Tendenz pro Homöopathie erkennen lässt, was geschieht dann? Nichts. Denn diese Studien werden niemals, niemals repliziert, was die Vermutung nahelegt, dass die Homöopathen sie selbst als ein Ergebnis des sogenannten Alpha-Fehlers (falsch-positives Ergebnis) ansehen und sie nicht im wissenschaftlichen Sinne ernst nehmen (und weiterforschen), sondern sie lediglich zu Propagandazwecken zu Markte tragen.


Es kommt aber noch toller. Zur Stützung der eben kritisierten Aussage zu den Skeptikern führt der „wohl“-Artikel ausgerechnet den englischen Homöopathen und Forscher Robert T. Mathie ins Feld, mit einer Aussage beim Homöopathie-Weltkongress 2017 in Leipzig, mit dem Satz: „Es gibt für homöopathische Mittel Behandlungseffekte, nachgewiesen durch Studien, die dem höchsten medizinischen Standard entsprechen“. Mag sein, dass er das so gesagt hat. Vermutlich auch noch einiges mehr, was den Satz in einem anderen Licht erscheinen lassen könnte. In Leipzig 2017 wurde viel gesagt, auch dass Krebs mit Homöopathie heilbar sei, und zur Zeit des Kongresses bekam das Hahnemann-Denkmal am Leipziger Richard-Wagner-Platz auch einen Aluhut aufgesetzt, das wollen wir auch nicht unterschlagen.

Ja. Dass es einzelne Studien in diese Richtung gibt, ok, aber: siehe vorletzten Absatz. Und was sagt Mathie, der Autor von inzwischen vier großen zusammenfassenden Arbeiten zur Homöopathie, über diese vorsichtig relativierenden Sätze hinaus, die im Kreise von Homöopathien gesprochen wurden, wirklich als Fazit seiner Reviews? Unter anderem Folgendes:

„Arzneien, die als Homöopathika individuell verordnet wurden, haben vielleicht einen kleinen spezifischen Effekt. (…) Die generell niedrige und unklare Qualität der Nachweise gebietet aber, diese Ergebnisse nur vorsichtig zu interpretieren.“ (2014)

„Die Qualität der Nachweise als Ganzes ist gering. Eine Meta-Analyse aller ermittelbaren Daten führt zu einer Ablehnung unserer Nullhypothese [dass das Ergebnis einer Behandlung mit nicht-individuell verordneten Homöopathika nicht von Placebo unterscheidbar ist], aber eine Analyse der kleinen Gruppe der zuverlässigen Nachweise stützt diese Ablehnung nicht. Meta-Analysen für einzelne Krankheitsbilder ergeben keine zuverlässigen Nachweise, was klare Schlussfolgerungen verhindert.“ (2017)

Das ist – gemessen am Datenmaterial – sehr euphemistisch-wohlwollend in Richtung Homöopathie formuliert, wer wollte Mathie das übelnehmen. Aber auch in dieser Formulierung ist das Lichtjahre von einem Evidenzbeleg pro Homöopathie entfernt! Seine neuesten Reviews von 2018 und 2020 präsentieren ganz ähnliche Ergebnisse.


Der Rest ist das übliche Gemenge vom Loblied auf die allseits einsetzbare Homöopathie und ihren großen Wert als „komplementäre Methode“ – ironischerweise laut Artikel gerade dort, „wo die Schulmedizin große Erfolge hat“, bei Krankheiten von Krebs über schwere Depressionen, Parkinson und gar Multipler Sklerose. Immerhin wird dort betont, dass Homöopathie bei diesen Erkrankungen nicht „allein“ anzuwenden sei. Trittbrettfahrerei?


Hervorgehoben seien die Ausführungen zu Homöopathie bei Migräne, die angeblich zur Verringerung der Anfallshäufigkeit mit einer „Konstitutionsbehandlung“ anzugehen sei, also einer Mittelgabe nach (homöopathisch gedachtem) persönlichen Typus. Ich halte jede Wette, dass damit nie auch nur einem einzigen Migräne-Patienten mit Ausnahme eines gelegentlichen anfänglichen Placebo-Effekts geholfen worden ist, was heißt, dass die Entscheidung für eine homöopathische Behandlung nichts anderes bedeutet als vermeidbares schweres, vielleicht jahre- oder gar lebenslanges Leiden. Und das zu einer Zeit, wo endlich echte Durchbrüche beim Verständnis von Migräne und ihrer effektiven Behandlung gelungen und verfügbar sind!


Eines noch. “Wenn man Homöopathie als Option aktiv anbietet, möchten 80 Prozent der Eltern, dass ihre Kinder homöopathisch behandelt werden”. O-Ton Dr. Schönauer. Bitte, was soll uns das denn nun sagen? Dass, konfrontiert mit der ärztlichen Autorität, möglichst auch noch im Zusammenhang mit einem stationären Aufenthalt der Kinder, die Eltern wohl kaum geneigt sind, einem “aktiven Angebot” der behandelnden Ärzte zu widersprechen? Frau Dr. Schönauer sollte einmal über die ethischen Implikationen einer solchen Vorgehensweise nachdenken, statt das auch noch als “Argument pro Homöopathie” zu präsentieren!


Was liest man noch, wenn man noch kann? Ach ja, das Hohelied von der Beliebtheit der Homöopathie. Wie ich vor kurzem erst an anderer Stelle schrieb: Die Beliebtheit zeigt sicher den Wunsch vieler Menschen nach einer möglichst schonenden, einfachen und dabei effektiven Behandlungsform. Dieser Wunsch war schon zu Hahnemanns Zeiten mit ausschlaggebend für dessen Erfolg (wie Heinroth schon 1825 in seinem “Anti-Organon” ausführte), wurde aber auch schon damals genau wie heute mit dem Hinweis kritisiert, dass dieser Wunsch legitim und verständlich sei, aber nichts mit einem Wirksamkeitsnachweis der Homöopathie zu tun hat.


Hätte ich als Autor einen sinnvollen und guten Artikel in dieser Beilage veröffentlicht,  würde ich gegen die Kontamination durch einen so manipulativen, da für Laien in seinen halb- bis unwahren, teils irreführenden Aussagen nicht durchschaubaren Artikel pro Homöopathie protestieren. Für mich jedenfalls ist er schlicht ein Beispiel für Unredlichkeit.

Zu diesem Thema ist bei Übermedien ein sehr treffender und zusätzlich aufschlussreicher – da mit Statements des SPIEGEL angereicherter – Artikel erschienen: Link.


Bildnachweis: Titel SPIEGEL-Beilage “wohl – Das Gesundheitsmagazin” / Pixabay CC0


Irrungen, Wirrungen – Homöopathie-Apologeten auf epistomologischen Abwegen

    “Wissenschaftspluralismus” und “Wissenschaftsdogmatismus”

    Dass die Vertreter der Homöopathie-Lobby den Kritikern mit dem Vorwurf eines „Wissenschaftsdogmatismus“ begegnen und ihre Pro-Homöopathie-Positionen mit einem vorgeblichen Anspruch auf „Wissenschaftspluralismus“ legitimieren wollen, ist nicht neu. Wobei „Wissenschaftspluralismus“ nicht allein den Anspruch artikuliert, „mehrere Medizinen“ als „pluralistisch“ anzuerkennen, sondern darüber hinaus den, gleich „mehreren Wissenschaften“ eine gleichberechtigte Existenz zusprechen soll.

    Dieser „Wissenschaftspluralismus“ ist ein überholtes Konzept aus den 80er und 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts, das wissenschaftstheoretisch nie haltbar war und von kritisch-rationalen Konzepten wie der evidenzbasierten Medizin endgültig als Oxymoron, als Systemwiderspruch in sich, entlarvt wurde. “Wissenschaftspluralismus” – ein Begriff, der gern und oft vom damaligen Ärztepräsidenten Hoppe zur Rechtfertigung seiner Idee vom “Besten aus allen Welten” zitiert wurde. Schon damals eine Fehlvorstellung, denn die Wissenschaft ist “eine Welt”, die sich einig ist in dem Bestreben, Erkenntnisgewinn zu schaffen und keineswegs toleriert, belegbare Erkenntnis mit überkommenen Vorstellungen (“Traditionen”) in einen Topf zu werfen und dabei laut “Pluralismus” zu rufen.

    Man bedenke, dass das Konzept des auf konstruktivem Zweifel basierenden kritischen Rationalismus zu den Zeiten Hoppes, den 1980er / 1990er Jahren des vorigen Jahrhunderts, längst weltweit als Basis des Wissenschaftsbegriffs etabliert war. Versuche, dies für die Medizin zu relativieren, hieß schon damals, die Zeit zurückdrehen zu wollen. Zumal die Wissenschaft, insbesondere die Evidenzbasierte Medizin, selbst höchst pragmatisch ist – es kommt ihr nur auf die Validität ihrer Erkenntnisse an, nicht auf deren Herkunft oder auf die Methodik der Beweisführung. Wo sollte da Platz für irgendeinen “Pluralismus” sein? In Diskussionen weichen deren Vertreter gern auf “Methodenpluralismus” aus, womit sie allerdings nur meinen, dass der kritische Rationalismus eben nur eine “Methode” unter vielen sei. Was so simpel nicht ist – der kritische Rationalismus in der heutigen Ausprägung ist das Ergebnis von mehr als 2000 Jahren Bemühens um die Frage, was wir wissen können und wie wir dahin gelangen. Er ist unsere bislang beste Lösung, um trotz des im Kern unlösbaren Induktionsproblem Annäherungen an Wahrheit und Wirklichkeit zu erreichen.

    Im Grunde schimmert hier an allen Ecken und Enden das Traditionsargument hinter der Folie neomystischer Vorstellungen durch. Dass die Homöopathie-Lobby diese Vorstellungen nach wie vor hochhält, ist aus ihrer Sicht zweifellos verständlich. Sie ist ja in den 1970er Jahren unter dieser Flagge wiederbelebt worden, als Kind der New-Age-Ära und des Neomystizismus. Das hat sie aber nicht richtiger werden lassen.

    “Der andere könnte auch recht haben”

    Nun haben die Homöopathen Verbündete in dem Wunschdenken gefunden, einen ihnen genehmen Wissenschaftsbegriff zu schaffen: Das „Dialogforum Pluralismus in der Medizin“, ein Überbleibsel aus der Hoppe-Zeit, macht sich in einer Veröffentlichung gemeinsam mit Vertretern der Homöopathie-Lobby ausgerechnet am Beispiel der Homöopathie stark für „Wissenschaftspluralismus“ und gegen „monoparadigmatischen Reduktionismus“ (ein diffamierendes Begriffsgeklingel). Unter der Überschrift “Der andere könnte auch recht haben.” Darin werden allgemeine Positionen zum Thema Wissenschaftlichkeit mit den ständig wiederholten Behauptungen der Homöopathen, ihre Methode sei valide und wissenschaftlich begründet, zu einer beinahe undefinierbaren Melange zusammengerührt. Der Teaser:

    In Anbetracht zahlreicher Pauschalangriffe auf die Komplementärmedizin und insbesondere auf die Homöopathie sowie einem „Münsteraner Memorandum Homöopathie“ (1), in dem die Abschaffung der ärztlichen Zusatzbezeichnung Homöopathie auf dem 121. Deutschen Ärztetag gefordert wird, erfolgt im Namen der Mitglieder des Dialogforum Pluralismus in der Medizin (DPM) sowie der unten aufgeführten Institutionen und der unterzeichnenden Personen eine Stellungnahme, in der dargelegt wird, dass die Behauptung der Unwirksamkeit der Homöopathie im Hinblick auf die publizierte wissenschaftliche Evidenz nicht zutrifft (2-7 u.a.m.). Die folgende Richtigstellung erfolgt mit einem Verweis auf internationale repräsentative klinische Studien, Meta-Analysen und HTAs zur Homöopathie (8-20).

    Bedarf es noch näherer Ausführungen zur Unhaltbarkeit dieser mit großer Geste vorgetragenen Behauptungen? Angesichts dessen, was in den letzten zwei Jahren intensivierter wissenschaftsfundierter Homöopathiekritik erschienen ist und belegt wurde und angesichts der weltweiten Verdikte gegen die Homöopathie von großen wissenschaftlichen Vereinigungen, Instituten und staatlichen Stellen ist dies nicht mehr als das bekannte Rufen der Homöopathen im Wald – diesmal mit Unterstützung durch den Gastchor der Wissenschaftspluralisten. Die angeführten Belege – wen wundert es – sind eine Aufzählung längst widerlegter Scheinbeweise.


    Der Andere könnte auch Recht haben“. Was soll man darunter nun verstehen? Eine Trivialität? Eine im Zusammenhang mit objektiver Erkenntnisgewinnung kaum zu unterbietende Plattitüde? Nein, viel schlimmer.

    Bei diesem dem Ganzen übergeordneten “Motto” handelt es sich um ein Zitat des Philosophen Hans-Georg Gadamer, das ihm oft als eine Art Fazit seiner Lebenserkenntnis zugeschrieben wird. Gadamer war aber kein Naturwissenschaftler und seine Sentenz hat mit den Methoden des Erkenntnisgewinns in den empirischen Wissenschaften (Karl Poppers Falsifikationismus) nicht das Geringste zu tun. Gadamer hat selbst oft klargestellt, dass seine Wissenschaft mit den empirischen Wissenschaften und vor allem mit Poppers Erkenntnisbegriff keine Schnittmengen hat. Die Sentenz steht im Kontext von Gadamers Forschungsgebiet der philosophischen Hermeneutik, der Erkenntnisgewinnung beim “Verstehen” von Texten, Kunst- und Bauwerken oder des Gegenübers in einem Gespräch. Gadamer weist darauf hin, dass dieses Verstehen stets sprach- und zeitgebunden ist (“Das setzt beim Interpretieren von Werken Offenheit, das Bewusstmachen der eigenen Vorurteilsstruktur sowie die Bereitschaft zum Gespräch bzw. zu reflexivem Auseinandersetzen voraus”). Gadamer bewegt sich ausschließlich in geisteswissenschaftlichen Kategorien.

    Ihn und sein Zitat in den Kontext der Frage zu stellen, ob Homöopathie naturwissenschaftlich begründbar sei und ob sie Evidenz für sich in Anspruch nehmen könne, ist nicht nur grotesk, es ist von Seiten akademisch gebildeter Menschen eine intellektuelle Unredlichkeit ersten Ranges. Natürlich hört sich das gut an, natürlich kommt Gadamers Forderung nach Offenheit und Vorurteilsfreiheit den Apologeten irgendwie entgegen – aber sie begehen hier einen unverzeihlichen Kategorienfehler, der allein ausreicht, um das Statement des “Dialogforums” wissenschaftlich zu delegitimieren. Gadamer bewegt sich im Bereich der Kategorisierung des Subjektiven – Popper in der Sphäre des intersubjektiven Erkenntnisgewinns.

    (Mehr zum fundamentalen Unterschied von Gadamers hermeneutischem “Der andere könnte auch Recht haben” und Karl Poppers Position in “Giuseppe Franco (Eichstätt): Der kritische Rationalismus als Herausforderung für den Glauben. Ein Gespräch mit Hans Albert über Glauben, Wissen und Gadamers Hermeneutik. Aufklärung und Kritik 1/2006, http://www.gkpn.de/franco_albert.pdf)

    Geht es überhaupt um “Recht haben” in der empirischen Wissenschaft? Nein. Es geht darum, objektiver Erkenntnis (der Wirklichkeit) so nahe wie möglich zu kommen, Wahrscheinlichkeitswerte für die Frage zu gewinnen, wie belastbar Erkenntnisse als Annäherung an die “Wirklichkeit” sind. Und zwar auf dem Wege ständiger Infragestellung, der Popperschen Falsifikation. Das hat mit “Recht haben” überhaupt nichts zu tun. Und entlarvt nur den Ärger der Homöopathie-Proponenten darüber, dass ihnen die kritisch-rationale Methode der empirischen Wissenschaften keine Bestätigung für ihre Positionen liefert. Q.e.d. Und wie soll man es bewerten, wenn auf der einen Seite die kritisch-rationale Methode durch die Berufung auf Gadamer negiert wird und man sich andererseits gleichzeitig auf sie stützt, wenn man bemüht ist, der Homöopathie Evidenz zuzuschreiben?

    Und ja, auch Popper wird die Sentenz vom anderen, der auch Recht haben könne, zugeschrieben. Der Kontext, in dem er dies geäußert hat, passt aber nun erst recht nicht auf die „wissenschaftspluralistische“ Position. Denn er meinte – viel einfacher als Gadamer – damit schlicht sein Falsifizierungsprinzip als solches, sein Gebot, dass man gefundene Forschungsergebnisse als erstes selbst nach Kräften in Frage stellen müsse, bevor man sich der Kritik der Wissenschaftsgemeinschaft stelle.

    Ethische Entgleisungen

    Nun könnte man das – so ärgerlich wie es auch ist – als Verirrung Ewiggestriger abtun. Ernst wird die Sache aber, wenn im Verlaufe des Artikels schwerste moralische Geschütze gegen die aufgefahren werden, die solchen Vorstellungen der Begründung von Beliebigkeit nicht folgen, sondern den Weg des objektiven Erkenntnisgewinns weitergehen wollen. Allen Ernstes wirft man diesen, also den Vertreteren einer kritisch-rational begründeten Wissenschaftlichkeit, „totalitäre Tendenzen“ und damit einen Verstoß gegen grundgesetzlich garantierte Freiheitsrechte vor:

    „Ein monoparadigmatischer Reduktionismus führt aber – bedacht oder nicht bedacht – am Ende stets in eine totalitäre Ideologie, für die die dogmatische Ideologie alles, der Respekt vor dem Selbststimmungsrecht des Bürgers und der Achtung der Menschenwürde und des individuellen Erkenntnisstrebens nichts bedeutet. Wollen wir eine solche durch totalitäre Strukturen geprägte Entwicklung in unserem Land für die Medizin und das Gesundheitswesen?“

    Was sich hier manifestiert, ist eine unheilige Allianz. Eine Allianz zwischen den Fossilien aus der Hoppe-Ära, die nicht wahrhaben wollen, dass ihre These vom “Besten aus beiden Welten” durch die pragmatische evidenzbasierte Medizin ebenfalls als Kategorienfehler entlarvt wurde und den Homöopathen andererseits, denen so etwas natürlich sehr entgegenkommt. Die haben ähnliches längst im Alleingang versucht. So haben z.B. Walach und Baumgartner offen einen eigenen Wissenschaftsbegriff für die Homöopathie eingefordert. Wenn das kein Ruf nach Beliebigkeit ist – der in der besprochenen Veröffentlichung auch noch aufs Perfideste in einen Moralvorwurf gegen die “andere Seite” umgedeutet wird…

    Im Grunde ist es ein Angriff auf über 2000 Jahre des Bemühens um menschliche Erkenntnisgrundlagen. Hier wird der schlichte Satz negiert, dass Erkenntnis eine nachweisbar begründbare Aussage sein muss. “Der Andere könnte auch Recht haben” – Gadamer wäre entsetzt, seine Sentenz im vorliegenden Zusammenhang missdeutet zu sehen. Popper erst recht.

    Natürlich darf auch das Autoritätsargument nicht fehlen (immer gut, wenn man sonst nichts zu bieten hat). Aber erstens ist so etwas immer schwach und zweitens immer misstrauisch zu betrachten – traue keinem Autoritätsargument, dessen Validität du nicht selbst geprüft hast! Hier wird der Physiker und bedeutende Wissenschaftstheoretiker Thomas S. Kuhn als Zeuge bemüht; aufmerksame Leser dieses Blogs sind Kuhn sicher schon einmal begegnet. Sein Begriff des “Paradigmas” wird für die Zwecke der Autoren ausgeschlachtet. Aber, ohne in die Tiefe zu gehen: Man mag über Thomas S. Kuhns Paradigmenbegriff streiten können, zumal er selbst diesen im Laufe der Zeit vielfach umdefiniert und abgewandelt hat und er sogar von seinen Exegeten höchst unterschiedlich gedeutet wurde und wird.

    Was aber hier geschieht, ist geradezu abenteuerlich. Kuhn bewegte sich stets auf dem Boden der kritisch-rationalen Methode und dachte im Traum nicht daran, sie in Frage zu stellen. Die Berufung auf ihn in dem inkriminierten Artikel tut aber etwas ganz Erstaunliches: Sie versucht, die kritisch-rationale Methode sozusagen Kuhns Paradigmenbegriff als eine Teilmenge unterzuordnen. Daraus soll eine Art “Unverbindlichkeit” des kritisch-rationalen Wissenschaftsbegriffs abgeleitet werden, mit der Folge, dass ein Paradigmenwechsel in Kuhns Sinne auch eine Abkehr von der kritisch-rationalen Methode sein könnte. Das ist grotesk. Nichts anderes aber tut dieser verzweifelte Rundumschlag der Vertreter der Prämoderne. Kuhn wäre entsetzt gewesen über die Verzerrung des Erkenntnisbegriffs in seinem Namen.

    Bei der Veröffentlichung des “Dialogforums” handelt es sich aber eben auch um eine ethische Entgleisung, die eigentlich selbstdisqualifizierend ist, um den Versuch einer Diskreditierung des international im Konsens stehenden Begriffs der Wissenschaftlichkeit. Ein Tritt gegen über 2000 Jahre ernsthaftes Bemühen um valide Erkenntnisse über unsere Welt und redliches Vorgehen dabei. Der Versuch einer Legitimierung des Kontrafaktischen.

    All das akzeptiert und verbreitet von deutschen Hochschullehrern. Mehr dazu zu sagen, hieße, dieser Fehlleistung allzu viel Ehre anzutun.


    Zum Weiterlesen sehr zu empfehlen ist diese Gegenposition von Joseph Kuhn bei den scienceblogs.


    Bildnachweis: Pixabay, Creative Commons Lizenz CC0

    Wie bloß wirbt man für Homöopathie? Heute: Die DHU

    Die Deutsche Homöopathie Union (DHU), der deutsche Marktführer bei homöopathischen Mitteln und Tochtergesellschaft des Konzerns Dr. Willmar Schwabe (weltweiter Jahresumsatz nahe bei 1 Milliarde Euro) sieht sich veranlasst, eine große Werbekampagne zur Homöopathie auf den Weg zu bringen und wird in diesem Zusammenhang sogar erstmals auf Twitter aktiv. [1]

    Über die Gründe dafür mag man spekulieren. Die Zwischenzahlen aus dem Jahr 2017 haben jedenfalls gezeigt, dass der Homöopathie-Umsatz rückläufig ist. [2] Homöopathiekritik “wirkt” ja nun schon eine ganze Weile. Das Thema ist im Raum, ob durch die “Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie” von Dr. Norbert Aust, die “Homöopathie-Lüge” von Weymayr/Heißmann und sicher nicht zuletzt durch den enormen Schub für den Diskurs durch Dr. Natalie Grams’ „Homöopathie neu gedacht – Was Patienten wirklich hilft“.  Jedenfalls ist der öffentliche Diskurs mit Macht in Gang gekommen – und hält unvermindert an. Darf man die Hoffnung haben, die richtigen Informationen zur Homöopathie wirklich dem Publikum etwas näher gebracht zu haben?

    In den Grenzen der realen Welt – wo sonst?

    Die weltweite Wissenschaftsgemeinde sieht es inzwischen, nach 20 Jahren systematischer Reviews und mehr als 400 Einzelstudien zur Homöopathie, mit vollem Recht als belegt an, dass eine spezifische arzneiliche Wirkung der Homöopathie – über die bei jeder Behandlung und Zuwendung auftretenden Kontexteffekte hinaus (von denen der Placeboeffekt nur einer ist) – nicht nachgewiesen werden konnte. [3] Wie soll man nun – vor diesem Hintergrund – den Vorstoß des Homöopathieriesen DHU bewerten?

    Wir sehen hier ein Musterbeispiel für das Ignorieren, wenn nicht Leugnen wissenschaftlichen Denkens. Interessanterweise macht die DHU gar nicht erst den Versuch, irgendwelche abstrusen Wirkmechanismen der Homöopathie – erinnert sei nur an das berühmte „Wassergedächtnis“ – ins Feld zu führen. (Update 30.04.2018, 17:00 Uhr: Die DHU äußert sich aktuell in Apotheke ad hoc mal wieder im Bajicschen Sinne: Wir wissen zwar nicht wie es wirkt, aber wir sehen, dass es wirkt. Falsch. Aber immer eine nette Ablenkungstaktik.) In der Tat ist jeder derartige Erklärungsversuch so lange obsolet, bis überhaupt erst einmal eine wissenschaftlichen Kriterien standhaltende Wirksamkeit der Methode nachgewiesen würde – welchen Sinn soll eine Diskussion über die Wirkprinzipien von etwas machen, von dem eine Wirkung gar nicht nachgewiesen ist? [4] Und wo ein solcher Nachweis mangels Plausibilität im Hinblick auf gesicherte Erkenntnisse von Physik, Chemie und Biologie auch gar nicht zu erwarten ist?

    Die DHU-Kampagne setzt alles auf die Karte der “persönlichen Erfahrungen”, auf den Aufruf an das homöopathiegeneigte Publikum, individuelle – natürlich positive – Erfahrungsberichte zu liefern. Solches werde dann auf der speziell dafür eingerichteten Webseite veröffentlicht, wobei „Promi-Testimonials“ natürlich hochwillkommen sind. Der Aufruf zu Gleichem bei Twitter wurde mit dem Hashtag #MachAuchDuMit gestartet, was für die Kritiker ein willkommener Anlass war, sich ihrerseits in vielen Tweets dieses Hashtags zu bemächtigen.

    Erfahrungsberichte – Relevanz: Null komma Null

    Aber was soll damit – außer Gruppenkuscheln von Homöopathie-Fans – denn erreicht oder belegt werden? Nach wissenschaftlichen Kriterien: Nichts. Absolut nichts.

    Denn die gesamte moderne Wissenschaftsmethodik beruht auf der Abkehr von der Aussagekraft einzelner, persönlicher Erfahrungen. Der Wissenschaftsbetrieb wäre schlicht überflüssig, würden wir heute (noch) auf eine „Beweiskraft“ von Einzelerfahrungen setzen.

    Dabei ist es nicht einmal das Problem einer ausreichenden Menge solcher Erfahrungen. Vielmehr ist längst klar, dass solche Einzelerfahrungen – und zwar auch die von Therapeuten, die „seit 30 Jahren Erfolge der Homöopathie selbst beobachten“ – als Beleg für einen kausalen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang unbrauchbar sind. Würde man heute noch auf diese Art der Erkenntnisfindung setzen, gäbe es keine moderne Medizin, die in der Lage ist, wiederkehrende Krankheitsbilder zu diagnostizieren und zur Behandlung gezielt die derzeit am besten validierten Methoden anzuwenden. Wir wären schlicht noch auf dem Stand der Bader und Ärzte der vorwissenschaftlichen Zeit, die entweder ihre eigenen abstrusen Methoden anwandten oder sich in die falschen, seit der Antike tradierten Lehren der Humoralpathologie (Vier-Säfte-Lehre) flüchteten (merke: alt ist kein Argument, alt ist bloß alt!). Die Wunderheiler der damaligen Zeit waren keineswegs durchweg Scharlatane im Sinne von Betrügern, sondern sicherlich davon überzeugt, dass die Verabreichung von zerstoßenem Glas aus Kirchenfenstern und Staub von Kirchenglocken große Wirkung habe. Die Kontexteffekte gab es schon immer – man wusste nur nichts von ihnen. (Update 30.04.2018, 17:00 Uhr: Laut Apotheke ad hoc sieht die DHU das genau anders herum und preist die letzten 1000 Jahre, die offenbar nach ihrer Meinung ein stetiger Zuwachs des medizinischen Wissens bis heute waren.)

    Neu ist allerdings das Prinzip, sich nicht auf die Anhäufung von Anekdoten zu verlassen, keineswegs. Schon Aristoteles schrieb in seiner Metaphysik, dass Im Unterschied zu ungeordnetem (Erfahrungs-) Wissen die Wissenschaft nicht bloß auf das Dass, sondern auch auf das Warum, die Gründe, die Ursachen der Dinge achtet. Auf diesen Gedanken kommt er in seinen Werken immer wieder zurück. In der Neuzeit formulierte Kant diesen Gedanken in der „Vorrede zu den metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft“ noch weitaus schärfer: „Eine jede Lehre, wenn sie ein System, das ist ein nach Prinzipien geordnetes Ganzes der Erkenntnis sein soll, heißt Wissenschaft. (…) Erkenntnis, die bloß empirische Gewissheit enthalten kann, ist ein nur uneigentlich so genanntes Wissen“.

    Dem zugrunde liegt das schon sogenannte Induktionsproblem: Keine noch so große Anhäufung von empirischen Einzelerfahrungen liefert einen Beweis dafür, dass die Erfahrung n+1 nicht doch ein anderes Ergebnis zeigt – und damit den ganzen Bau der aufgehäuften Erfahrungen zum Einsturz bringt. Es bedarf der Deduktion, der schlüssigen Erklärung von Phänomenen, des Bemühens um Kausalität, von Ursache und Wirkung, damit der Grundlage für eine Voraussage von Phänomenen (Hypothese, später Theorie) und der experimentellen Bestätigung dieser Voraussage (Empirie). Letztlich beruht der ganze moderne Gedanke, dass Wissenschaft keine absolute Wahrheit hervorbringen kann, sondern nur Wahrscheinlichkeiten, auf dieser Erkenntnis. Wobei die Wissenschaft aber durchaus imstande ist, Aussagen über den Grad der Wahrscheinlichkeit bei einzelnen Problemstellungen zu liefern. Und das erreicht sie nicht mit dem Aufhäufen von selektiven Wahrnehmungen.

    Zudem zielt die wissenschaftliche Methode darauf ab, höchstmöglich Einflüsse auf Effekte auszuschließen, die nicht originär der Methode oder dem geprüften Mittel zuzuschreiben sind. Dazu gehört z.B. der Placebo-Effekt, der durch die mehrfache Verblindung bei der Durchführung medizinischer Studien eliminiert wird – aber das ist längst nicht alles. Nur ein gutes Studiendesign zum Ausschluss solcher unspezifischen Faktoren sichert eine ausreichende Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich ein belastbares Ergebnis erzielt wird.

    Und dies bleibt die Homöopathie seit jeher schuldig. Geringe Effekte in einzelnen Studien (statistische Signifikanz) werden immer wieder als Folgen methodischer Mängel entlarvt – und verschwinden bei einer zusammenfassenden Betrachtung mehrerer Studien, die die Betrachtungsbasis verbreitern und den statistischen Effekt von Fremdeinflüssen verringern.

    All das ist Konsens in der weltweiten Wissenschaftscommunity und bedarf nach vielfacher Bewertung von kompetenter Stelle im Grunde keiner Diskussion mehr. Wie weit dies auf homöopathischer Seite, zumal bei wirtschaftlich Interessierten, wirklich zur Kenntnis genommen wird oder wie weit der confirmation bias [5], die gut erforschte, aus vielen Einzelaspekten folgende Wahrnehmungsverzerrung, (Bestätigungsfehler) eine Rolle spielt – das weiß man nicht.

    Mit Promis und Blümchen wird’s auch nicht besser

    Natürlich kann man über das Kalkül der DHU zur neuen Kampagne auch nur spekulieren. Es gibt aber schon zu denken, dass die DHU-Kampagne derart ausschließlich auf die suggestiv wirkenden, aber als Belege für eine spezifische Wirkung der Homöopathie völlig wertlosen „positiven Einzelerfahrungen“ der ohnehin homöopathiegeneigten Kundschaft setzt. Der Appell an Emotionen wie auch das „Autoritätsargument“ (insbesondere, wenn auch noch „Promis“ im Spiel sind) sind in der Werbung zwar nichts Besonderes. Zu bedenken ist aber, dass hier die Gesundheit der potenziellen Kundschaft im Fokus steht, was der Sache einen ethischen Aspekt verleiht. Der allerdings bei jeglicher Werbung für Homöopathie im Spiel ist.

    Wenn man es in aller Deutlichkeit zusammenfasst:

    Die Kampagne der DHU

    • ignoriert nicht nur die wissenschaftliche Faktenlage zur Homöopathie, sondern versucht, diese mit dem Appell an Emotionen und dem Setzen auf das Autoritätsargument zu verschleiern und
    • will dem geneigten Publikum mit der völlig belanglosen Sammlung von persönlichen Einzelerfahrungen weismachen, dies hätte irgendeine Relevanz für einen Wirkungsnachweis. Damit klärt die DHU nicht auf, sondern betreibt gezielt das glatte Gegenteil, was das Gerede von der „eigenverantwortlichen Entscheidung“ des Patienten und den „Wahlmöglichkeiten“ zu einem euphemistischen Zerrbild schrumpfen lässt. Der unwissenschaftliche Charakter einer solchen Kampagne zeigt sich auch in aller Deutlichkeit darin, dass sie ausschließlich „positive“ Erfahrungen selektieren will.

    Update – 30.04.2018, 17:00 Uhr

    Apotheke ad hoc berichtet heute über die leichte Schräglage der DHU-Kampagne mit ihrem Hashtag #MachAuchDuMit. Dort dürfen wir erfahren, dass die DHU-Vertreter die Sache “gelassen” sehen und sich “auf mehrere Szenarien vorbereitet” hätten. Aha. Man hat sich also darauf vorbereitet, dass der Schuss nach hinten losgehen könnte und schaut dem jetzt in großer Gelassenheit zu? Wer’s glaubt.

    Was aber darüber hinaus mehr als ärgerlich ist und mich, mit Verlaub, langsam richtig wütend macht, ist, dass die DHU sich jetzt mit der Kampagne zum Streiter für die freiheitlich-demokratische Grundordnung hochstilisiert, die ohne Zweifel sofort fallen wird, wenn die bösen Kritiker es schaffen, das hohe Gut der Therapiefreiheit in Grund und Boden zu stampfen und über den Bürgerwillen rücksichtslos hinwegzutrampeln. Zitat:

    Ziel der Kampagne sei es, für Therapiefreiheit zu werben. „Wir leben in einer Demokratie“, sagt Braun. „Die Mehrheit vertraut der Therapie und die Mehrheit hat nicht unrecht.“ Keine Minderheit habe das Recht, der Mehrheit ihre Meinung aufzuzwingen.

    „Die Bürgermeinung entscheidet über das Bedürfnis“, so Braun. Wenn eine Krankenkasse kundenorientiert sei, übernehme sie die Kosten für eine homöopathische Behandlung. Dadurch sei die Therapiefreiheit eher garantiert, unabhängig vom Budget. „Gute und wirksame Medikamente bleiben am Markt, andere verschwinden“, so Braun. Bloß weil man die Wirkweise der Homöopathie nicht erklären könne, dürfe man nicht sagen, die Therapie habe keine Berechtigung. „Wo wären wir, wenn wir in den letzten 1000 Jahren so gehandelt hätten?

    Dies ist nicht nur ein GAU (größter anzunehmender Unsinn), das ist eine GAW (größte anzunehmende Widerwärtigkeit). Ja, ich gestehe, dass mich diese Mischung aus Überheblichkeit und Strohmannargumentation regelrecht anwidert. Strohmann insofern, als dass hier zum x-ten Mal versucht wird, den Kritikern in die Schuhe zu schieben, sie wollten Homöopathie verbieten und Therapiefreiheit abschaffen. Keiner, nicht einer der Kritiker hat das jemals, nicht explizit und nicht implizit, gefordert. Selbstverständlich nicht.  Ganz im Gegenteil wurde immer wieder betont, dass dieses Ziel unsinnig, nicht erstrebenswert und auch gar nicht erreichbar sei.

    Und ich halte es – mit Verlaub – geradezu für eine Verhöhnung und einen Missbrauch des Demokratiebegriffs, zudem für eine Frechheit, Kritikern den Mund stopfen zu wollen, indem man – in Ermangelung von Sachargumenten – ihnen “undemokratisches Verhalten” vorhält. Zumal mit einem Hintergrund, der schlicht und einfach unwahr ist. Damit stellt sich die DHU – ich nehme das an dieser Stelle einmal ganz persönlich – exakt auf eine Stufe mit der geschätzten Impfgegnerschaft, von der ich mir zu diesem Blog im vorigen Jahr sagen lassen durfte, ich sei ein hetzerischer Antidemokrat. Das von Leuten, die den Menschen über den emotionalen Appell an deren Entscheidungsautonomie schlicht ihre Produkte verkaufen wollen, aber gleichzeitig die Informationen, die erst diese Entscheidungsautonomie ermöglichen, vorenthalten und verschleiern.

    Nein, liebe DHU. Damit habt ihr die unterste Latte argumentativer Redlichkeit gerissen. Und habt offenbart, dass ihr zum Sachdiskurs nicht das Geringste beizutragen habt. Mehr kann man sich nicht mehr entblößen, hier bedarf es des Kindes gar nicht mehr, das auf des Kaisers nicht vorhandene Kleider hinweist. Das tut ihr ganz alleine schon selbst.

    Kein Wort zu der nie nachgewiesenen Wirksamkeit der Homöopathie. Stattdessen der Ruf nach der Mehrheitsmeinung. Eine Million Fliegen können nicht irren. Ja, glaubt ihr das eigentlich alles noch selbst bei der DHU? Und zum gefühlt millionsten Mal: Es geht nicht um eine Erklärung eines Wirkungsmechanismus. Es geht darum, dass die Wirkung selbst niemals nachgewiesen wurde und auch nicht nachgewiesen werden wird. DHU gegen den Rest der wissenschaftlichen Welt! Dazu gehört natürlich auch schon was. Nämlich reichlich Chuzpe.

    Und die Sache mit den 1000 Jahren: Medizinhistorische Kenntnisse scheinen bei der DHU auch nicht weit verbreitet zu sein. Genau so ist man nämlich in den letzten 1000 Jahren vorgegangen – mit Ausnahme der letzten 170. Da hat man nämlich die Gemengelage aus Tradition, Trial-and-Error-Medizin und dem Unwissen über Kontexteffekte von Behandlungen über Bord geworfen zugunsten einer systematischen und kritischen Vorgehensweise und genau deswegen so ein paar Erfolge erzielt. Verdreifachung der Lebenserwartung, Rückgang der Kindersterblichkeit um mehr als 95 Prozent, Marginalisierung der früheren Haupttodesursache Infektionen, Behandlungs- und Diagnosemöglichkeiten von chronischen Krankheiten und vieles mehr. Das trat nicht ein, weil man blind auf Wirkung vertraute und einem der Wirkmechanismus egal war. Das trat ein, als man begann, Wirkungen zu differenzieren und ihre tatsächliche Ursache zu hinterfragen. Und kommt mir nicht mit dem Paracetamol-Beispiel. Ja, die Wirkungsweise ist nicht – vollständig – bekannt, aber die Wirkung ist belegt, dokumentiert und – voraussagbar und nachvollziehbar. OK, das ist sie bei der Homöopathie natürlich auch, in dem Sinne, dass sie eben KEINE spezifische Wirkung hat. Aber das hat Leitungswasser auch nicht. Außer bei Dehydration.

    Genug des Rants. Aber ich bitte um Verständnis. Hier biegen sich wirklich derart die Balken der redlichen Argumentation, dass man schon einmal dazu deutlich etwas sagen muss.

    Update Ende.

    Auf die Gefahr, mich zu wiederholen: Dies alles wird letztlich flankiert durch die Verankerung der Homöopathie im Arzneimittelrecht einschließlich Sonderstatus, durch die Existenz einer „ärztlichen Zusatzbezeichnung Homöopathie“, durch die Apothekenpflicht für Pferdeurin und Hundeexkremente in Hochpotenz und durch das Verhalten der Krankenkassen, die die Zuckerkügelchen nicht nur zum großen Teil bezahlen, sondern auch noch selbst damit Mitgliederwerbung betreiben.

    Von der Sache her bietet die DHU-Kampagne eine offene Flanke für Kritik, was zum Hashtag #MachAuchDuMit bei Twitter längst zu besichtigen ist. Und ob sie mit ihrem emotionalen Wohlfühl- und Mitmachappell wirklich nachhaltig die Fakten negieren kann, das wage ich sehr zu bezweifeln. Homöopathiekritik is watching you.


    [1] https://homöopathie-natürlich.de

    [2] https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2017/10/11/homoeopathie-boom-flaut-ab

    [3] https://www.netzwerk-homoeopathie.eu/standpunkte/262-serie-zur-kritik-an-der-homoeopathiekritik-teil-ii-positive-studien-fehlen

    [4] https://www.netzwerk-homoeopathie.eu/standpunkte/273-serie-zur-kritik-an-der-homoeopathiekritik-teil-iv-das-sind-nur-zuckerkuegelchen

    [5] http://www.anti-bias.eu/unconsciousbias/cognitive-bias-cheat-sheet-kodex/


    Bild von Stefan Schweihofer auf Pixabay

    Der Preis ist heiß!

      Krems an der Donau

      Die folgende Passage aus einer Pressemitteilung der Fa. Peithner, Österreich, verdient unser Augenmerk:

      Wien (pts005/28.03.2018/08:00) – Die Homöopathie erfüllt alle Kriterien der evidenzbasierten Medizin! Zu diesem Ergebnis kommt die Allgemeinmedizinerin Dr. Melanie Wölk, die im Rahmen ihrer Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Abschlusses Master of Science im Universitätslehrgang Natural Medicine, Donau-Universität Krems, die Frage untersucht hat, ob die Homöopathie den Regeln der Evidence based Medicine (EbM) entspricht. Für diese Arbeit wurde Wölk mit dem Dr. Peithner Sonderpreis für Forschung in der Homöopathie ausgezeichnet.

      Das ist ja mal eine Sensation ersten Ranges, sicherlich höherer Würden wert als der eines schnöden Masterabschlusses und eines lumpigen 3000-Euro-Schecks vom Homöopathie-Fabrikanten Peithner (wie die DHU zum Konzern Willmar Schwabe gehörig). Finde ich übrigens auch ziemlich knausering, in Anbetracht eines derartigen Durchbruchs. Naja, auch Blinddärme können durchbrechen…

      Ich gestehe meine tiefe persönliche Betroffenheit. Denn immerhin habe ich mir die Mühe gemacht, die negative Evidenzlage zur Homöopathie aufgrund der großen indikationsübergreifenden Reviews zu belegen. Vertan? Wir werden sehen. Zweifellos wird der Zentralverein in Anbetracht der neuesten akademischen Weihen für dieses Statement die Korken knallen lassen…

      Also, irgendwo scheint es ja hier einen Dissens zu geben… Habe ich mich dermaßen vergaloppiert? Wenn hier mit akademischen Weihen und Auszeichnungen nahe dem Medizinnobelpreis gegen meine Position gehalten wird, muss ich mich ja wohl damit auseinandersetzen. Also auf gehts.

      Aber wohin? Suche in allen Datenbanken und wichtigen Publikationen ergab sowohl zu der Person der Preisträgerin als auch zu der genannten Hochschule – exakt null. Ebenso ist die preisgekrönte Arbeit nicht auffindbar – sie stammt bereits aus 2016, also wäre Zeit genug für eine Veröffentlichung gewesen. Dies lässt mich einerseits erst einmal feststellen, dass hier wohl der bekannte Schubladeneffekt (publication bias) gleich mal zum Prinzip erhoben wurde und zum anderen bin ich deshalb hier auf die Führung eines Indizienprozesses angewiesen. (Update – siehe unten!)

      Klar, dass der Kredit für die Autorin und für die Sache schon sehr geschrumpft ist, wenn hier mit akademischer Autorität gewunken wird, ohne dass irgendwelche Publikationen, weder von der Person noch von der Institution, auffindbar sind. Aber wir wollen gar nicht allein deswegen den Stab über die Sache brechen sondern schauen, welchen Honig wir vielleicht noch aus der Sache saugen können.

      Wie kommt die Preisträgerin zu ihrem Schluss? Durch Literatur- und Datenbankrecherche, wie man erfährt, durch eine Auswahl von Reviews, die mir ein wenig willkürlich erscheinen will – aber seis drum. Das Verfahren als solches ist legitim und normal für die Durchführung eines systematischen Reviews. Richten wir unser Augenmerk nur einmal darauf, dass der große Review der Australischen Gesundheitsbehörde NHMRC auch in den Materialien enthalten ist, aus der der Schluss abgeleitet wird, die Homöopathie sei evidenzbasierte Medizin. Eine mehr als kühne Schlussfolgerung. Denn bekanntlich kommt diese bislang umfangreichste Betrachtung der Studienlage zur Homöopathie zu dem – nicht neuen – Ergebnis, dass es keine einzige Indikation gibt, für die eine belastbare Evidenz zugunsten der Homöopathie vorliegt. Exakt wie die anderen großen indikationsübergreifenden Reviews, insbesondere derer von Robert Mathie (2014 und 2017), einer kritischen Haltung zur Homöopathie wirklich unverdächtigen Herrn, die seltsamerweise keinen Eingang in die preiswürdige Literatur- und Datenbankrecherche gefunden haben.

      Es liegt angesichts dessen auf der Hand, dass es mich brennend interessiert, auf welche Weise die Schlussfolgerungen der Preisträgerin aus den beigezogenen Studien und sonstigen Arbeiten abgeleitet wurden. Nun, ich glaube, das werde ich wohl nicht erfahren. Aber die Zielrichtung ist schon mal ganz klar, denn verlautbart wird in bekannter Manier:

      “Die Diskussion über die Existenzberechtigung der Homöopathie scheint nicht auf einer vorurteilsfreien und fairen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Thematik zu beruhen, sondern ein irrationaler und höchst emotionaler Streit um Weltbilder zu sein.”

      Also, ich würde solch einen Satz ja aus grundsätzlichen Erwägungen nicht in eine Arbeit mit wissenschaftlichem Anspruch schreiben. Aber wenn schon: dann zieht euch dieses harsche Urteil mal an, liebe Homöopathen! Oder sollte das gar nicht auf euch gemünzt sein… Zudem fällt mir auf: wie kann jemand, der beabsichtigt, die Evidenzbasierung der Homöopathie zu belegen, angesichts des ideologiefreien und voraussetzungslosen pragmatischen Ansatzes der EbM überhaupt so einen Satz schreiben? Das ist doch von vornherein ideologiebesetzt und damit zu Prinzipien der EbM inkompatibel.

      Ich sehe das daher schon einmal als Ankündigung nicht einer Untersuchung nach den Prämissen der EbM, sondern als Sortierarbeit nach „Weltanschauungen“ an. Bis zum Beweis des Gegenteils. Was das nun aber mit der Conclusio einer evidenzbasierten Homöopathie zu tun haben soll, das weiß man wahrlich nicht. Und auch aus der Laudatio des Preisstifters lässt sich außer dem üblichen Mimimi nichts weiter entnehmen, was man in die Nähe einer wissenschaftlichen Aussage rücken könnte:

      “Für die Homöopathie ist das eine sehr wichtige Arbeit, die wieder zeigt, was wir in der ärztlichen Praxis täglich erleben, nämlich dass homöopathische Arzneimittel wirken. Wölks Untersuchung zeigt weiters deutlich, dass es sehr wohl hochqualitative Homöopathie-Studien gibt und es an der Zeit ist, die Hexenjagd zu beenden, mit der eine wirksame medizinische Therapie diskreditiert werden soll. Konventionelle Medizin und Homöopathie sollten endlich Hand in Hand arbeiten – zum Wohle der Patientinnen und Patienten.”

      Nun, da steht der Rezensent ratlos davor und kann bei allem guten Willen einfach keinen Knoten finden, mit dem er die Informationen zur Masterarbeit (Wölk, Melanie: Eminenz oder Evidenz: Die Homöopathie auf dem Prüfstand der Evidence based Medicine. Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Abschlusses Master of Science im Universitätslehrgang Natural Medicine. Donau-Universität Krems, Department für Gesundheitswissenschaften und Biomedizin. Krems, Mai 2016) mit der prämierten Aussage verknüpfen kann, die Evidenzbasierung der Homöopathie “stehe fest”. Eine solche Absolutaussage ist, wir wissen es, keine, die nach den Prinzipien der wissenschaftlichen Forschung getroffen werden sollte. Es ist eher ein Werturteil auf einer verbal-definitorischen Ebene. Aber immerhin falsifizierbar – und den Gegenbeweis glaube ich, fern aller akademischen Weihen, im oben schon verlinkten Beitrag auf diesem Blog erbracht zu haben.

      Wenn ich irgendwo mit allergrößter Mühe so etwas wie eine Schlussfolgerung in der ganzen Sache vermuten soll, dann ist es allenfalls die, dass die Preisträgerin herausgefunden hat, dass es Pro und Contra zur Homöopathie gibt – und daraus den oben zitierten Schluss ableitet, nämlich den, dass man dieses Pro und Contra nach jeweils dahinter vermuteter Weltanschauung trennen müsse, um zur einzig wahren Wahrheit zu gelangen. Sie führt uns allerdings dabei einen confirmation bias vor, der offenbar mehr Einfluss hat als das Magnetfeld der Erde. Aber bitte – das ist nur eine wohlmeinende Vermutung. Ernstgemeinte Frage: Ist das hier wirklich weit entfernt von der “Heilpraktiker-Forschung”, die auf dem Blog “Onkel Michaels kleine Welt” so trefflich kommentiert worden war?

      Was bleibt? Ein Propagandastück allerersten Ranges, eine Selbstbeweihräucherung vom Allerfeinsten. Zur Selbstbestätigung und für den Applaus des ohnehin geneigten Publikums. Ich darf als Fazit eine kleine Anleihe bei Prof. Edzard Ernst machen, der zu dieser Sache meint:

      A pseudo-prize for pseudo-research into pseudo-medicine.

      In der Tat.

      Ich wünsche weiter fröhliches Bestätigungsforschen. Ach, übrigens: Ich nehme kein Wort meiner Widerlegung der “Evidenzbehauptung” im Blogbeitrag zum Münsteraner Memorandum Homöopathie zurück. Keine Silbe, keinen Buchstaben. Ich nehme an, das überrascht niemanden.

      Update (30.03.2017, 15.00 Uhr)

      Inzwischen liegt mir der Text der Masterarbeit vor. Ich möchte dem zumindest in Kürze gerecht werden, um mich nicht dem Vorwurf auszusetzen, meine einzige Kritikquelle sei die Peithner-Pressemitteilung.

      Letztlich bestätigt sich die oben ausgeführte Kritik. Der confirmation bias schlägt zu. Man bedenke, dass große wissenschaftliche Gesellschaften weltweit, von der Russischen Akademie der Wissenschaften über das Science and Technology Committee des House of Commons (das seine vernichtende Stellungnahme bezeichnenderweise unter dem Titel “Evidence Check Homeopathy” veröffentlicht hat) bis hin zum Wissenschaftlichen Beirat der Europäischen Akademien (EASAC) auf exakt der gleichen verfügbaren Studienlage zu Schlüssen gelangen, die das glatte Gegenteil des Ergebnisses der preisgekrönten Arbeit sind. Nun ist das Autoritätsargument zwar kein Argument, mag man sagen, aber darum geht es nicht: Es geht um sorgfältige Bewertungen durch die wissenschaftliche Community, die wohlbegründet sind. Kann die Masterarbeit hier dagegenhalten?

      Dazu nur ein paar Indizien.

      Der erste Eindruck ist durchaus der einer wortreichen Fleißarbeit, ohne Frage, aber von der ersten bis zur letzten Seite vom confirmation bias geprägt. Ein Blick in die Kurzzusammenfassung enthüllt bereits den folgenden Kernsatz:

      “Die analysierten Reviews, Metaanalysen und Studien der Evidenzklasse Ia und Ib weisen mehrheitlich die Wirksamkeit homöopathischer Arzneien nach.”

      Krasser kann man die Position der Wissenschaftscommunity nicht mehr auf den Kopf stellen. Man ahnt schon, worauf die Endaussage, Homöopathie sei evidenzbasiert, gestützt werden wird: Auf die (Vor-)Selektion der passenden Studien und der Fehlwahrnehmung der nicht passenden nach vorgeblich „weltanschaulichen“ Kriterien. Auf “Abzählen”, wie wir es auch schon in anderen Zusammenhängen bei Vertretern der Homöopathie gefunden und kritisiert haben.

      Und in der Tat. Die Umdeutung des zunächst korrekt referierten Sackett’schen Begriffs der Evidenzbasierten Medizin und die Definition der Evidenzklassen in die Berechtigung, Cherrypicking zu betreiben, wo man Evidenz sieht, spricht dann auch für sich. Grob gesagt, verdeckt die Autorin mit großem rhetorischem Aufwand, dass sie nur das als evidenzbasiert ansieht, was ihre Auffassung von Homöopathie bestätigt. Darauf läuft letztlich alles weitere hinaus.

      Und tatsächlich: Schaut man sich in der Arbeit die Beurteilung der gegen die spezifische Wirksamkeit Homöopathie sprechenden Reviews an, so findet man eine unverkennbare Tendenz zur Umdeutung, wenn nicht zur diffamierenden Abwertung. Zum Review des NHMRC, zweifellos der bedeutendsten Überblicksarbeit zur Homöopathie überhaupt, ist zu allem Überdruss lang und breit die vielfach widerlegte “Kritik” der homöopathischen Szene zu finden, mit einer derart deutlich erkennbaren Tendenz zur Abwertung, dass man kaum weiterlesen mag. Mehr Voreingenommenheit geht nicht.

      Das setzt sich fort. Wie sie aus Mathie 2014 ein “pro Homöopathie” herausliest, bleibt ein Rätsel (na, das ist eher rhetorisch gemeint, denn wir wissen ja, dass gerade diese Arbeit den Pokal der Homöopathen für selektives Zitieren immer wieder gewinnt). Und dann kommen doch die Einzelstudien – obwohl vorher des Langen und Breiten die Bedeutung systematischer Reviews für die Beurteilung der Evidenz dargelegt wurde. Nun, die meisten Einzelstudien, die die Arbeit anführt, sind in den großen Reviews gar nicht oder mit einem hohen “risk of bias” enthalten – und deshalb sicher ungeeignet, eine Evidenz gegenüber den Reviews zu begründen (zumal sie alle durchweg nicht repliziert wurden). Zu einem Ergebnis wie dem hier publizierten kann man nur kommen, wenn man diese Arbeiten wirklich “einzeln” betrachtet und schlicht den Schlussfolgerungen der Autoren folgt.

      Die Arbeit gibt sich zwar nicht die Blöße, die vielfache Kritik z.B. an Shang et al., Frass (Sepsis) und Linde zu unterschlagen. Wie voreingenommen sie damit aber umgeht, verdeutlicht sehr krass diese Passage:

      “Sowohl die homöopathiekritischen Arbeiten von Shang et al. (2005) und Ernst (2002), als auch die homöopathiebefürwortenden Publikationen von Frass et al. (2005) und Linde et al. (1997) wiesen methodische Schwächen auf, welche die Autoren oder deren wissenschaftlich-publizistischen Unterstützerinnen oder Unterstützer oft einander vorhalten ohne die Problematik der eigenen Position einzugestehen. Die Vorwürfe gingen von Ahnungslosigkeit über Unwissenschaftlichkeit bis zu bewusster Manipulation.” (Ich kann mir die Anmerkung nicht verkneifen, dass Linde 1997 keineswegs die Homöopathie „befürwortete“, was Klaus Linde in einer Erklärung zu seiner Arbeit aus dem Jahre 1999 ausdrücklich bekräftigte – was Frau Wölk nicht bekannt gewesen zu sein scheint.)

      Überhaupt schon von “homöopathiekritischen” und “homöopathiebefürwortenden” Arbeiten zu sprechen, ist ein weiteres klares Zeichen für Bestätigungsforschung. Was sonst ist Sinn und Aufgabe der wissenschaftlichen Community, als Veröffentlichungen auf Herz und Nieren zu prüfen und zu kritisieren? Die Kritiker haben z.B. die Schwächen von Shang et al. vielfach selbst offengelegt, aber auch gezeigt, dass diese keinen Einfluss auf die Endaussage des Reviews hatten. Und Frass’ Sepsisstudie ist schon so oft zerlegt worden – und wurde niemals repliziert (glücklicherweise – was sie aber letzttich wie viele andere im Sinne einer Evidenzbegründung wertlos macht).

      Und wo der „Vorwurf bewusster Manipulation“ seitens der Kritiker gemacht wurde, das würde mich sehr interessieren.

      Auch hier wird deutlich, wie die Autorin zu der These von dem “emotional und irrational geführten Streit um Weltbilder” kommt. Sie ist selbst in hohem Maße außerstande, Argumente, die nicht ins Bild passen, anders als emotional-irrationale Verirrungen wahrzunehmen.

      Weiter oben habe ich ja schon etwas zum “Ergebnis” gesagt: Wer eine derartige absolute Formulierung (“steht fest”) als Ergebnis seiner “Forschung” postuliert, der zeigt damit in aller Deutlichkeit, dass er Bestätigungsforschung betrieben hat und damit unwissenschaftlich operiert.

      Die Antwort auf diese Arbeit wäre im Großen und Ganzen deckungsgleich mit der Antwort auf die “Kritik an der Homöopathiekritik” des britischen Homeopathy Research Institute, wie sie das INH auf seiner Webseite systematisch aufgenommen hat. Es fällt auf, dass selbst das HRI, das nun sicher über einigermaßen gewiefte Fachleute verfügt, weit zurückhaltender mit den “Evidenzbelegen” für die Homöopathie ist als unsere preisgekrönte Arbeit.

      Insofern gibt es von der ersten Beurteilung aufgrund der Peithnerschen Pressemitteilung nichts zurückzunehmen.


      Nachtrag, 16.03.2022

      Um die Ehre der Donau-Universität Krems zu wahren, soll nicht übergangen werden, dass sie eine verdienstvolle Arbeit hervorgebracht hat, die der homöopathischen Forschung bescheinigt, in weiten Teilen ein Problem mit guter Publikationspraxis zu haben: https://www.donau-uni.ac.at/de/aktuelles/news/2022/mangelhafte-forschungspraxis-bei-homoeopathie.html

      So, wie ich das sehe, ist damit ein weiterer Sargnagel in die preisgekrönte Arbeit zur „Evidenzbasierung der Homöopathie“ eingeschlagen worden. I rest my case.


      Bilder von Norbert Pietsch und PDPics auf Pixabay

      Münsteraner Memorandum Homöopathie – und ein Echo.

      Ein überfälliges Thema für die Ärzteschaft

      Am 9. März 2018 hat der “Münsteraner Kreis” sein zweites Grundsatzpapier, das “Münsteraner Memorandum Homöopathie” , veröffentlicht. Es stellt einen Appell an den im Mai 2018 stattfindenden 121. Deutschen Ärztetag dar, im Rahmen der dort anstehenden Diskussion über die Weiterbildungsregelungen der Ärzteschaft zu einer ersatzlosen Streichung der “Zusatzbezeichnung Homöopathie” zu kommen.

      Ein wohlüberlegter Schritt, will mir scheinen. Da es ja -entgegen dem voraussehbaren “Verständnis” mancher – nicht um eine Abschaffung, ein Verbot der Homöopathie oder um eine “Einschränkung von Therapiefreiheit und Patientenautonomie” geht und von der Politik jedenfalls ein kurzfristiges Handeln nicht zu erwarten ist, sollte zumindest die der wissenschaftlichen Medizin verpflichtete Ärzteschaft endlich einsehen, dass ihr Selbstverständnis mit dem Festhalten an einer unwirksamen Scheintherapie längst nicht mehr vereinbar ist. Ganz sicher nicht auch noch mit der Privilegierung durch eine “ärztliche Zusatzbezeichnung”, die dem Patienten ja nicht nur eine besondere Qualifikation der Ärztin / des Arztes vermittelt, sondern auch die Validität und Seriosität der Methode mehr als suggeriert.

      Die neomystisch angehauchten Zeiten der Beschwörung einer “Dualität” im Gesundheitswesen (Ärztepräsident Hoppe noch in den 1990er Jahren), dem “Zusammenführen des Besten aus verschiedenen Welten”, sind vorbei. Längst hat sich weltweit die Einsicht durchgesetzt, dass nachhaltige und zukunftsfähige Gesundheitssysteme nur auf einer konsequent wissenschaftsorientierten Basis möglich sind.

      Dies korrespondiert mit dem Konzept der evidenzbasierten Medizin (EbM), als Synthese aus wissenschaftlicher Fundierung, ärztlicher Erfahrung und “Kunst” und der Berücksichtigung der berechtigten Patientenbelange. Evidenz”basiert”: Also soll der wissenschaftliche Erkenntnisstand die Grundlage bilden und durch die beiden anderen Aspekte ergänzt werden. Dieser Begriff wird, wie wir noch sehen werden, leider selbst in Medizinerkreisen missverstanden und fehlgedeutet.

      Die “ärztliche Zusatzbezeichnung Homöopathie”

      Es ist unleugbar: Diese ärztliche Zusatzbezeichnung ist ein wesentlicher Faktor für die völlig ungerechtfertigte Annahme in der Bevölkerung, wenn Ärzte dies als Sonderqualifikation anbieten und die Mittel apothekenpflichtig sind, müsse das doch gute Medizin sein! Damit liegt das ethische Problem offen zutage: Einer pseudomedizinischen Methode wird ein positiver Anstrich verliehen.

      Es ist Konsens, dass die Gabe von Placebo grundsätzlich mit dem ärztlichen Ethos nicht vereinbar ist. Es wird so gut wie nie einen wirklichen “informed consent”, ein “informiertes Einverständnis” zwischen Arzt und Patient geben, was allenfalls als Voraussetzung für eine bewusste Placebogabe gelten kann. Nein, ganz im Gegenteil. Die an allen Ecken und Enden aufscheinende Adelung der Homöopathie als wirksame Arzneimitteltherapie lässt es als nahezu unmöglich erscheinen, zwischen Arzt und Patient einen solchen informed consent herzustellen. Eine tiefgehende Betrachtung der Problematik findet sich hier auf den Webseiten der Schweizer Skeptiker. Es gilt also auch, hier eine Frage der ärztlichen Ethik zu behandeln. Dieser Hintergrund scheint allzu wenig bekannt zu sein, auch bei der schreibenden Zunft, wie man gestern feststellen konnte.

      An der Zusatzbezeichnung “Homöopathie” hängt darüber hinaus viel ganz konkret, unter anderem auch die Möglichkeit, über einen sogenannten Selektivvertrag mit der Marketinggesellschaft des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) homöopathische Behandlungen mit gesetzlichen Krankenkassen außerhalb des Budgets – und mit attraktiven Honorarsätzen – abrechnen zu können. Vielfach wird argumentiert, dass Ärzte “nur” deshalb die Zusatzbezeichnung führen, um “mehr Zeit” für die Patienten zu haben und damit das Problem der Zeitknappheit in der täglichen Praxis zu “lösen”.

      Aber ist das eine Lösung? Nein, auf keinen Fall, darauf weist auch das neue Memorandum hin. Einmal – was ist das für eine “Lösung”, auf Kosten wissenschaftlicher Redlichkeit und der Beitragsgelder von Patienten, die zu Recht der Homöopathie ablehnend gegenüberstehen? Und ist das überhaupt eine Lösung für irgendetwas? Ich finde, nein, die Praxiszeit für die gesamte Patientenschaft wird ja nicht “mehr” dadurch, dass mehr Zeit für den homöopathieaffinen Patienten bezahlt wird. Im Gegenteil, richtig bedacht, geht so etwas erheblich zu Lasten der anderen Patienten, die keine homöopathischen Leistungen in Anspruch nehmen (wollen), denn für die steht ja dann im Saldo noch weniger Zeit zur Verfügung.  Nur am Rande sei erwähnt, dass der eigentliche Zweck des gepriesenen homöopathischen Gesprächs ja nicht eine Mini-Psychotherapie ist, sondern lediglich die homöopathische Mittelfindung. Ärzte, die das rein “pragmatisch” sehen, im Grunde auf die Homöopathie pfeifen und sich einfach nur mehr Zeit verschaffen wollen, schaffen sich damit nur die nächste ethische Problemebene.

      Man sieht: Die Verwerfungen und Unsinnigkeiten durch “offizielle Homöopathie” in der Arztpraxis sind zahlreich.

      Echo

      Noch am Tage der Veröffentlichung fand das “Memorandum Homöopathie” ein großes Presseecho – und Widerspruch von Seiten der Homöopathiefraktion. Darauf lohnt sich ein kurzer Blick. Die Vorsitzende des Zentralvereins homöopathischer Ärzte wird in den Medien mit diesem Statement zitiert:

      “Die von den Ärztekammern verliehene Zusatzbezeichnung Homöopathie hat sich seit Jahrzehnten in der deutschen Ärzteschaft bewährt. Mit Blick auf die Qualitätssicherung und die Patientensicherheit ist die Zusatzbezeichnung Homöopathie ein Garant für eine gute und sichere Versorgung der Patienten.

      Aktuell führen rund 7000 Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen in Grund- und Regelversorgung die Zusatzbezeichnung Homöopathie. Die Nachfrage nach ärztlicher Homöopathie ist in den vergangenen 20 Jahren enorm gestiegen.

      Darüber hinaus ist die Homöopathie im SGB V rechtlich verankert.

      Die mit der Bundesärztekammer eng abgestimmten Lehrinhalte gewährleisten eine kompetente Behandlung der Patienten.”

      Der Autor dieses Blogs hat dazu beim Ärzteblatt einen Kommentar hinterlassen, der den Kern der nachfolgenden Ausführungen bildet:

      Der Nebel muss sich endlich lichten. Das Thema Homöopathie ist längst, längst erledigt. Spätestens mit den Erkenntnissen der Psychologie und Psychosomatik sowie mit der Placeboforschung wurden die “Erfolge” der Homöopathie erklärbar, und zwar – im Sinne von Ockhams Rasiermesser- einfach und zwingend und ohne das Gebirge von unbewiesenen und unbeweisbaren Hypothesen, die die Homöopathie um sich aufgehäuft hat. Das “Geheimnis” der Homöopathie, von Frau Bajic gern in der wiederkehrenden Sentenz “Wir wissen nicht, wie sie funktioniert, aber wir sehen, dass sie funktioniert”, vorgetragen, ist schon lange “entzaubert”. Und den Beweis, dass Nichts nichts bewirken kann, den gab es schon immer.

      Frau Bajic kann außer subjektiven Ergebnissen der sogenannten Versorgungsforschung (“Beobachtungsstudien”), die überhaupt nicht für einen Wirksamkeitsnachweis von Mitteln oder Methoden bestimmt und geeignet sind, nichts vorweisen. Sie kleidet das in den Euphemismus vom “Therapeutischen Wert” der Methode, was dem unwissenden Publikum aber verborgen bleibt, ist, dass sie sich damit um das Kernproblem der fehlenden Nachweise spezifischer Wirksamkeit herumdrückt.

      Der Rest ist Rhetorik. Beliebt sind auch Urlaubsreisen und Restaurantbesuche, zweifellos hängt auch dort die Nachfrage mit der Beliebtheit und umgekehrt zusammen. Aber was sagt das über einen objektiven Wert des “Beliebten” aus? Gar nichts.  Dass der Anstieg des Interesses an der Homöopathie mit Defiziten im Gesundheitssystem zu tun haben mag, leugne ich nicht. Frau Bajic führt damit aber ein klassisches “Strohmannargument” an: Dieser Mangel muss zu entsprechenden Problemlösungen in eben diesem Gesundheitssystem führen, kann aber nicht die Aufrechterhaltung einer spezifisch unwirksamen Scheintherapie rechtfertigen.

      Die gewachsene “Beliebtheit” hat aber auch mit massiver Lobbyarbeit zu tun – was erst zum arzneimittelrechtlichen Sonderstatus der Homöopathie (1978) und dann zu der Möglichkeit “kostenloser” Inanspruchnahme als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (2012) geführt hat. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, wenn Frau Bajic nun gerade die Verankerung der Homöopathie im SGB V als Leumundszeugnis anführen will – ein Zirkelschluss zwischen Ursache und Wirkung. Das “Angebot” der Kassenleistung nimmt die affine Kundschaft natürlich gern mit – auf Kosten der nichtaffinen Kundschaft. Und 7000 Ärzte mit der Zusatzbezeichnung Homöopathie – wow. Sehr eindrucksvoll, aber es wäre doch schön gewesen, wenn Frau Bajic dazu auch die Gesamtzahl der Ärzte in Deutschland genannt hätte: Rund 379.000 insgesamt, davon rund 152.000 ambulant tätig (31.12.2016, Quelle: Bundesärztekammer). Das lässt immerhin für den Ärztetag hoffen.

      Wenn wenigstens ein Körnchen Wahrheit in dem Statement von der “Patientensicherheit” wäre, in dem Sinne, dass man sich wirklich darauf verlassen könnte, dass der homöopathisch tätige Arzt keinesfalls eine wirksame Behandlung verschleppt oder übersieht. Aber das ist durchaus nicht so. Schließlich halten die Homöopathen einerseits unbeirrt an der Wirksamkeit ihrer Kügelchen als Arzneimittel (also an einer pharmazeutischen Methode) fest und zum anderen daran, damit auch schwerere Erkrankungen behandeln zu können. Patientensicherheit? Beleg gefällig? Von der Praxiswebseite von Frau Bajic höchstpersönlich (abgerufen am 09.03.2018):

      “Diese Methode erlaubt es, nicht nur akute Erkrankungen, wie z.B. grippale Infekte, Husten, Magen-Darm-Infekte, Mittelohrentzündungen etc…. schnell und sanft zu heilen (sic!), sondern ist auch eine Möglichkeit, schwere chronische Erkrankungen, wie z.B. Asthma, Rheuma, Neurodermitis, Bluthochdruck etc.… zu behandeln.”

      Eine komplette Stellungnahme des Zentralvereins mit gleichem Inhalt findet sich auf dessen Webseite “Homöopathie online”. Dort versteigt sich Frau Bajic zusätzlich zu der Äußerung:  “Die ärztliche Homöopathie ist wirksam und evidenzbasiert. Das ist durch zahlreiche Studien belegt. In ärztlicher Hand ist sie ein wichtiger Bestandteil einer Integrativen Medizin, die das Beste aus der konventionellen Medizin und der ärztlichen Homöopathie zum Wohle des Patienten verbindet.“

      Zunächst finden wir hier das “Duale Denken” aus den 1990er Jahren wieder, das schon eingangs angesprochen wurde. Und wenn die Homöopathen wenigstens “das Beste”, nämlich die reine Zuwendung zum Patienten, mit der “konventionellen Medizin” (was ist das?) verbinden würden. Aber gerade dem verweigern sie sich doch beharrlich – was in jeder Auseinandersetzung mit homöopathiekritischen Positionen zum Ausdruck kommt. Sie beharren auf der Existenzberechtigung der Homöopathie als spezifischer Arzneimitteltherapie – und propagieren damit Esoterik. Und dass die Studienbehauptung so brüchig ist, dass ihr Aussprechen eigentlich rissige Lippen erzeugen müsste, brauche ich in diesem Blog wohl nicht besonders zu betonen.

      Und was die Evidenzbasierung angeht, so ist die Deutung von Frau Bajic recht eigenwillig. Was evidenzbasierte Medizin ist und eben auch nicht ist, erläutert dieser Grundsatzbeitrag auf den Webseiten der Cochrane Collaboration Deutschland, sehr zur Lektüre empfohlen.

      Ich gebe nur kurz zu bedenken, wie sich wohl die Behauptung, Homöopathie gehöre zur evidenzbasierten Medizin, mit diesen Definitionen verträgt:

      Externe klinische Evidenz führt zur Neubewertung bisher akzeptierter medizinischer Verfahren.

      EbM ist der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten.

      Die Zweige der klinischen Erfahrung des behandelnden Arztes, dem, was die “ärztliche Kunst” ausmacht, und der persönlichen Belange des Patienten überwiegen nicht die wissenschaftlichen Evidenzgrundlagen, sondern haben sie zur Grundlage. Deshalb heißt das ja auch “evidenzbasiert” und nicht “unter paritätischer Berücksichtigung der evidenten Studienlage”. Man kann sich die EbM als Dreieck mit der Basislinie der wissenschaftlichen Evidenz und den beiden aufstrebenden Linien der ärztlichen “Kunst” und der Patienteninteressen vorstellen, die im Gipfelpunkt zu einem Ergebnis zusammenlaufen.

      Und wo verortet nun Frau Bajic die “aktuelle wissenschaftliche Evidenz” der Homöopathie in diesem Modell? In ihrer Vorstellung steht dieses Dreieck wohl eher auf der Spitze – auf einem dimensionslosen Punkt, ein schönes Sinnbild für die Homöopathie. Dann würde – dazu passend – die nun obenliegende Linie für eine ausgedehnte Beliebigkeit stehen und nicht, wie im umgekehrten Fall, ein in einem gemeinsamen Punkt zusammenlaufendes Ergebnis eine evidenzbasierte Therapieentscheidung, darstellen. Ein Witz. Ein schlechter.

      Deshalb, aus Redlichkeit und im Patienteninteresse: Weg mit Esoterik aus den Arztpraxen!

      Es sei noch hinzugefügt: Wie die Bundesärztekammer mit den Homöopathen Weiterbildungsinhalte abstimmen konnte, die der wissenschaftlichen Medizin – der Grundlage von medizinischem Studium und ärztlicher Praxis – diametral widersprechen und mit ihr völlig unvereinbar sind, das ist ein Rätsel, dessen Lösung ich gern dem anstehenden Ärztetag anvertrauen möchte.

      Nachsatz:

      Das Ärzteblatt berichtet, die Bundesärztekammer habe bereits erklärt, dass die Münsteraner Forderungen “in die Beratungen zur Gesamtnovelle der Musterweiterbildungsordnung einbezogen und intensiv diskutiert” würden. Das ist schon einmal gut zu hören.

      Es wird allerhöchste Zeit. Ich wiederhole mich: Wenn sich hierzulande nicht langsam etwas bewegt in Sachen Homöopathie, macht sich das deutsche Gesundheitswesen weltweit zum Narren.

      Nachsatz, 2022

      Wer hätte damals zur Zeit der Abfassung dieses Artikels (Frühjahr 2018) für möglich gehalten, was bis heute geschehen ist, nämlich dass 13 von 17 Landesärztekammern (der Rest kommt schon auch noch …) und die Bundesärztekammer die Homöopathie aus den Weiterbildungsordnungen gestrichen haben! Ich jedenfalls nicht, aber ich habe mich natürlich gern überraschen lassen!


      Bildnachweise: Screenshot Münsteraner Kreis / eigene Grafik

      Homöopathie: Der Boom ist vorbei – nach uns die Sintflut?

      Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog „Die Erde ist keine Scheibe“
      und wird hier in leicht überarbeiteter Form wiederveröffentlicht.

      Ein Gastbeitrag von Dr. Natalie Grams

      Der Absatz der Homöopathie geht seit 2016 zurück. Das sehen wir vom INH und von den Skeptikern natürlich positiv.

      Aber klar, auch wir dürfen nicht Korrelation mit Kausalität verwechseln; ob es nun wirklich an unserer Arbeit liegt, dass Menschen sich weniger für die Homöopathie begeistern, bleibt natürlich erst mal offen. Auch ist bisher völlig unklar, ob es sich eher um ein zufälliges Ereignis handelt, das nach jahrelangem Anstieg der Verkaufszahlen eben natürlicherweise kommen muss (Regression zur Mitte;-). Ich weiß das und bleiben wir wirklich skeptisch, dann müssen wir das auch erst mal so ungewiss stehen lassen.

      Aber nehmen wir mal für einen Moment an, es stimmt. Unsere Aufklärungsarbeit überzeugt mehr und mehr Menschen davon, was die Homöopathie wirklich ist, oder vielmehr, was sie eben nicht ist. Dass sie zum Beispiel gar keine Naturheilkunde ist, dass das Attribut sanft nicht mehr passt, wenn man statt Antibiotikum und Schmerzmittel bei einer bakteriellen Blasenentzündung auf Globuli setzt und dass es nicht ok ist, wenn das Solidargeld der gesetzlichen Krankenkassen für ein Verfahren ausgegeben wird, das in den 200 Jahre seiner Erforschung weder glaubhaft nachweisen konnte, wie es wirkt, noch dass es besser wirkt als ein Placebo. Dass das mit der Ganzheitlichkeit so eine Frage ist, wenn man im Quickfinder ein paar Symptome nachschlägt und dann doch immer wieder bei Nux vomica, Arnica und – ganz ausgefallen – Ignatia und Sepia landet. Und dass mehr und mehr Menschen verstehen, dass wir uns zwar vielleicht wirklich eine Alternative zur Medizin wünschen, dass wir aber vor allem wollen, dass diese Alternative ebenfalls wirksam ist – sonst ist sie ja auch eigentlich gar keine Alternative.

      Nehmen wir also mal an, dass dieses neue Verständnis dazu führt, dass Menschen nicht mehr so sehr an die Homöopathie glauben und ihr weniger und weniger vertrauen. Nehmen wir – ganz vermessen und optimistisch – auch an, die Politik versteht das Problem auch und kommt unseren in der Freiburger Erklärung geforderten Änderungen nach: Sie entzieht der Homöopathie den Status einer Arzneitherapie, sie sorgt dafür, dass sie aus der Apothekenpflicht entlassen wird und sie verhilft Krankenkassen zu der Entscheidung, nicht mehr für homöopathische Behandlungen und Globuli zu erstatten. Wenn wir dann noch die Homöopathie von den Unis, als Blüten der Wissenschaft, verweisen und Ärzten nicht mehr ermöglichen, ihre Patienten homöopathisch zu behandeln und in Homöopathie ausgebildet zu werden (sofern es um eine therapeutische und nicht medizingeschichtliche Ausbildung geht), – ja, was dann?

      Wir Skeptiker und Kritiker freuen uns natürlich, keine Frage. Aber freuen wir uns nur – und warum? Das Wichtigste ist sicherlich, dass wir dann das Gefühl hätten, wirklich etwas für Patienten getan zu haben. Sicherlich werden nicht alle Patienten das erstmal auch so empfinden, so weit ist die Aufklärung dann doch noch nicht. Es haben sich allerdings auch Menschen aufgeregt, als in den 70er Jahren die Gurtpflicht im Auto eingeführt wurde. Beschränkung der Freiheit!, hieß es damals. Das kann auch hier so wahrgenommen werden. Und ja, Freiheit bedeutet eben auch, sich selbst in Gefahr bringen zu dürfen. Allerdings endet die Freiheit da, wo sie anderen schadet. Und man muss Gefährliches auch nicht staatlich und universitär protegieren. Klar, die Homöopathie wird nie verboten werden! Wer auf seine homöopathische Freiheit besteht, kann und wird Globuli immer nehmen können. Er wird das aber auf eigene Verantwortung tun und selbst dafür bezahlen – z. B. im Supermarkt. Das ist in Ordnung. Wir sind zum Glück ein freies Land und letztlich kann jeder tun und glauben, was er möchte. Manche glauben an einen Gott, manche an Homöopathie, manche an die heilende Kraft eines ausgedehnten Waldspaziergangs. Es freut uns Kritiker allerdings, wenn der Glaube als Glaube erkannt und eingeordnet wird und nicht die Basis der Medizin von heute ist.

      Es freut uns sicherlich auch, dass mit der Aufmerksamkeit für die Homöopathie vielleicht auch andere Pseudomethoden angezählt werden und in einen kritischeren Fokus geraten (siehe aktuell den Spirit of Health Kongress).

      Was mich persönlich jedoch nicht freut ist, dass diese Veränderungen eine Gefahr und Bedrohung für die berufliche Existenz einiger Homöopathen sein wird. Ich weiß selbst wohl am allerbesten wie das ist, wenn einem das Einkommen – und mehr noch, die bisherige Weltanschauung – entzogen und weggenommen wird. Ja, das ist schrecklich und es hat weitreichende Folgen. Aber erstens können wir sicher sein, dass es Übergangsfristen geben wird, zweitens dass Politik immer auch Kompromissbildung heißt und dass man letztlich auch mit guter Medizin seine Brötchen verdienen kann.

      Insofern, ja, wird würden uns freuen, wenn es hier wirklich zu einer Trendwende käme. Wenn Medizin wieder rationaler und doch auch menschlich-wärmer würde, wenn wir sie so verbessern, dass die Homöopathie nicht einfach nur auf „bösartige“ Art und Weise hinausgekickt wird, sondern letztlich selbst einsieht, dass ihr Platz nicht innerhalb der Medizin, sondern im Bereich von Wellness und Placebo-Therapie liegt. Das ist nicht nichts, aber das sind endlich – nach über 200 Jahren – die richtigen Attribute!


      Bild: https://twitter.com/DontSwitch/status/965288779849355265


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