
Schon mal vom BPH gehört? Der “Bundesverband Patienten für Homöopathie e.V”. Gibts schon lange, dümpelte aber meines Wissens seit Äonen so vor sich hin, auch auf dem Webauftritt tat sich praktisch nichts.
Offenbar hat sich jemand aus der homöopathischen Szene gefunden, der sich darangemacht hat, den Verein wiederzubeleben. Dabei wird mächtig auf die Tube gedrückt. Anlässlich der bayerischen Landtagswahl wurde ordentlich gelärmt, fast unvermeidlich wurde vor kurzem auch dort das Geraune um das Review des australischen NHMRC aufgewärmt, wo Herr Tournier, (inzwischen dort ausgeschieden, Anm. UE 09.2022) Chef des Homeopathy Research Institute, angebliches Insiderwissen zum “Stand der Dinge” von sich gab, von dem in Australien nichts bekannt ist… Naja.
Nun hat die Propagandaabteilung dort einen feinen Artikel veröffentlicht, der sich mit dem Thema des öffentlichen Angebots von Bullshit in überwiegend von Steuermitteln finanzierten Volkshochschulen befasst, also möchte, dass den “alternativen Heilmethoden” angemessener Raum in deren Angebot eingeräumt werde – speziell der Homöopathie, selbstredend. Der SPIEGEL-Titelbeitrag vom 18. August d.J. muss mal wieder herhalten als Zielscheibe der Empörung, speziell in der Person von Edzard Ernst. Dieser hatte es – nicht zum ersten Mal – dort unternommen, die Verbreitung von Blödsinn (sorry, Bullshit) in Einrichtungen, die “Hochschule” in der Bezeichnung führen, scharf zu kritisieren.
Was einen allerdings sprachlos zurücklässt, ist die Mitteilung im Artikel, dass der Deutsche Volkshochschulverband auf Anfrage bestätigt habe, dass er diesem Ansinnen (auch weiterhin) folgen werde. Tja, da kann ich den Ländern nur empfehlen, ihre Finanzierung der Volkshochschulen stärker an die Seriosität von deren Angeboten zu binden. Denn die Hauptfinanzierung kommt aus den Landestöpfen, der Rest aus kommunalen Mitteln und nur der kleinste Teil aus Kursgebühren. Und es gibt in den Ländern Volkshochschulgesetze, die meines Wissens nicht auf die Verbreitung von Blödsinn (aka Bullshit) zugeschnitten sind.
Der BPH “begrüßt” dies. Klar. Aber richtig sauer macht mich mal wieder, dass die Homöopathielobby in diesem Zusammenhang auch noch davon redet, es gehe um den mündigen und informierten Patienten. Wie bitte? Seit Jahrzehnten wird die Patientenschaft mit Fehl-, Des- und Nichtinformation zur Homöopathie überschüttet: Sie sei hoch wirksam, der Schulmedizin womöglich überlegen, sanft, natürlich und nebenwirkungsfrei, altbewährt und ohne Chemie und was dergleichen Unsinn da noch mehr unter dem Schutz des Arzneimittelgesetzes den Leuten wie das berühmte Shakespearesche “Gift in Othellos Ohr” eingeträufelt wird. Deshalb, ceterum censeo: Wir brauchen endlich, endlich ein klares Statement von deutschen Institutionen des Gesundheitswesens, nach dem Beispiel des englischen NHS, der Russischen Akademie der Wissenschaften, der Ärztekammern Frankreichs und Spaniens, um nur die in letzter Zeit Aufgetretenen zu nennen. Sonst wird es nicht gelingen, das völlig ungerechtfertigte Vertrauen der Bevölkerung in das Lügengespinst der Homöopathie-Propaganda wirklich aufzubrechen.
Die kritischen Informationsangebote sind da und werden auch angenommen (was man ja an den hektischen Aktivitäten der Lobbyisten in Opposition hierzu sieht) – aber ohne die Beseitigung des gesetzlichen Schutzschildes über der Homöopathie wird der Bürger auch weiterhin eben darauf vertrauen, dass eine staatliche geadelte Methode doch nicht unwirksame Scheinmedizin sein könne. Wobei ich die Gelegenheit wahrnehmen möchte, dies auch gleich der organisierten Ärzteschaft ins Stammbuch zu schreiben, die mit der weiteren Duldung von Homöopathie als ärztlicher Therapieform per Adelung durch ärztliche Zusatzbezeichnungen ihren wissenschaftlichen Anspruch täglich weiter untergräbt (was sich angesichts inzwischen 13 von 17 Landesärztekammern und der Bundesärztekammer so unerwartet schnell wie bemerkenswert verändert hat – Anm. UE 09.2022). Ich nehme dabei natürlich die Ärzte aus, die gar keinen wissenschaftlichen Anspruch an ihre Tätigkeit stellen, selbstverständlich.
Was soll man dazu sagen? Der BPH – letztlich nur ein weiterer Lautsprecher der Homöopathie-Lobby, der in Stellung gebracht wird, nachdem man hier und da seine Felle langsam nass werden sieht. Was erstaunt, ist die hochtrabende Selbstüberzeugung, der Tenor, der am Rande ultimativer Forderungen entlangschrammt. Allerdings kam mir doch kurz der Gedanke, dass BPH möglicherweise für Bullshitschleuder pro Homöopathie stehen könnte… aber nein, gänzlich abwegig, es geht ja um die Patienten. Die selbstbestimmten, informierten. Für die man sogar Mitglied im Europäischen Patientenverband pro Homöopathie ist.
Achso, ja – einen Beleg für die erhaltene Auskunft führt die BPH-Seite nicht an. Angesichts des Umstandes, dass eine landesweite Vortragsreihe der Volkshochschulen im Verband Baden-Württemberg für 2020/2021 zur kritischen Betrachtung der Homöopathie nur angesichts der Corona-Pandemie nicht stattfinden konnte, scheinen doch Zweifel an der Validität der Behauptung angebracht.
Zur Selbstbesinnung empfehle ich hier die Lektüre von Harry G. Frankfurts kleinem Bändchen “Bullshit”. Das kleine Büchlein eignet sich zum ständigen Trost für Skeptiker und kann ob seines kleinen Formates immer mit dabei sein.
Bildnachweis: AZ QUOTES
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