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DB Cargo zwischen Markt und Mythos

Die Entlassung der Spartenchefin von DB Cargo richtet den Fokus erneut auf dieses „Problemkind“ der Deutschen Bahn. Und da sollte man sich einen klaren Blick bewahren.

Das Dilemma von DB Cargo lässt sich nur verstehen, wenn man den Güterverkehr als das betrachtet, was er tatsächlich ist – kein Bereich klassischer Daseinsvorsorge, sondern ein marktwirtschaftlich organisierbarer Sektor industrieller Logistik.

Während Energie, Trinkwasser oder öffentlicher Nahverkehr als Einrichtungen der basalen Daseinsvorsorge zu Recht der öffentlichen Hand vorbehalten bleiben müssen, war der Schienengüterverkehr immer Teil eines wettbewerbsfähigen, internationalen Marktes. Die EU hat dies früh erkannt – und in der Theorie sogar richtig gehandelt, indem sie hier auf Marktöffnung setzte.

Das Problem liegt diesmal nicht in der europäischen Wettbewerbsideologie, sondern in der nationalen Realitätsverweigerung:
Man wollte den Güterverkehr zugleich liberalisieren und an der Illusion einer staatlich geschützten Vollversorgung festhalten. So entstand ein Zwitterwesen – formal im Wettbewerb, faktisch subventioniert.
Die Quersubventionierung durch den Bund diente über Jahre hinweg nicht der Modernisierung, sondern der Konservierung eines betriebswirtschaftlich nicht mehr tragfähigen Konstrukts. Und dem machte die EU konsequenterweise ein Ende, indem sie die Subventionierung als Wettbewerbsverzerrung auf einem funktionierenden Markt untersagte.

Heute zeigt sich das Resultat dessen, dass man lange meinte, der Schienengüterverkehr sei eine „Art Daseinsvorsorge“, der staatliche Subventionen rechtfertige. DB Cargo ist ohne Subventionierung weder wettbewerbsfähig noch ist sie im klassischen Sinne systemrelevant.

Die Vorstellung, man könne ohne bislang geflossene massive Subventionen aus dem Staatshaushalt sozusagen über Nacht „marktfähig“ und profitabel werden, verkennt die tieferliegenden strukturellen Ursachen – hohe Fixkosten, ineffiziente Logistikstrukturen, ein überholtes Managementmodell und das Fehlen eines echten europäischen Netzdenkens.

Man kann es so zuspitzen:

„DB Cargo ist nicht Opfer des Wettbewerbs, sondern Opfer einer jahrzehntelangen Verweigerung, ihn ernst zu nehmen.“

Wer den Schienengüterverkehr wirklich stärken will, muss die Frage neu stellen: Welche Teile sind unverzichtbare Infrastruktur – und welche gehören schlicht auf den freien Markt?
Erst dann kann entschieden werden, was der Staat fördern soll und was er endlich loslassen muss.

Ein Unternehmen im Widerspruch

DB Cargo soll gleichzeitig vier Dinge leisten:

  • ökologisch sinnvoll sein,
  • betriebswirtschaftlich profitabel arbeiten,
  • sich im europäischen Wettbewerb behaupten,
  • und industriepolitische Erwartungen erfüllen.

Das ist kein ehrgeiziger Zielkatalog – es ist ein unlösbarer Widerspruch.

Selbst bei perfektem Management könnte das Unternehmen unter diesen Rahmenbedingungen nicht profitabel arbeiten. Mit dem Verdikt der EU, die dem Bund die Subvention des „Marktteilnehmers“ Güterverkehr verbietet, ist das Schicksal von DB Cargo im Grunde besiegelt. Es ist Selbsttäuschung, einfach die politische Vorgabe zu setzen, DB Cargo „müsse“ eben ohne Subventionen bis Ende 2026 profitabel arbeiten.

DB Cargo ist nicht das Opfer schlechten betrieblichen Managements. Sie ist das Opfer einer lange aufrechterhaltenen politischen Illusion. Solange man sich dem nicht stellt, wird jede Bahnchefin und jeder Bahnchef – ob Lutz, Grube oder Palla – nur das tun können, was seit zwanzig Jahren geschieht: Verwalten, was strukturell nicht zu retten ist.