
Neulich haben wir hier über Banken geschrieben, die ihre Kontomodelle mit „innovativen“ Funktionen wie Unterkonten („Pockets“) und Rabattportalen anreichern – nicht, um das Leben ihrer Kunden zu vereinfachen, sondern um sie in überkomplexe Produktwelten zu ziehen. Der Mechanismus: Wer das große Ganze nicht mehr überschaut, zahlt am Ende drauf – in Gebühren, in Zeit, in Daten.
Der SPIEGEL hat nun ein schönes Beispiel aus einer ganz anderen Ecke geliefert: Smart-TVs.
Diese Geräte sind technisch längst mehr als Fernseher – sie sind Datenkraken im Großformat. Werkseitig sind sie so voreingestellt, dass sie munter Nutzungsdaten an Hersteller und Content-Partner schicken. Die Benutzeroberflächen sind darauf getrimmt, den Nutzer schnellstmöglich in kostenpflichtige Angebote zu lotsen. Wer das nicht will, muss sich durch verschachtelte Menüs kämpfen, unzählige „Zustimmungen“ prüfen und akzeptieren – oft ohne echte Wahlmöglichkeit.
Das Ergebnis: Viele geben entnervt auf. Der Fernseher läuft, die Abos auch – und der Hersteller freut sich.
Technische Updates? Die können Funktionen verändern oder gleich ganz entfernen. Natürlich im Zweifel ohne Rücksicht darauf, warum der Kunde sich genau dieses Gerät einst einmal gekauft hat.
Das ist kein Zufall, sondern Geschäftsmodell. Es geht nicht um maximale Nutzbarkeit, sondern um maximale Bindung an ein ökonomisches Ökosystem – gern auch um den Preis von Desorientierung und Intransparenz.
Bankkonto, Mobilfunktarif, PC-Betriebssystem, Smart-TV: völlig verschiedene Branchen, identischer Mechanismus. Und jedes Mal bleibt am Ende dieselbe Frage: Wann haben wir eigentlich aufgehört, uns über Produkte zu freuen, die einfach nur das tun, was wir von ihnen erwarten – ohne uns in ein Labyrinth zu sperren?
„Wie man seinen Smart-TV bezwingt“ – Spiegel+
https://www.spiegel.de/netzwelt/gadgets/smart-tv-wie-man-den-datenfluss-an-hersteller-und-apps-minimiert-a-463c0418-1a31-449b-9bbf-fef94d0bdda1